Ausgabe Nr.
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J M upload 02.09.2018, Viva Edition 57 | Print article

CAIPSO - die letzte Chance auf ein 'normales Leben' für Obdachlose

„Obdachlos“ ein achtlos ausgesprochenes Wort, hinter dem sich fast immer ein tragisches Schicksal verbirgt. Viele Menschen (ver)urteilen vorschnell und stecken Menschen ohne ein eigenes Zuhause in die Schublade „selbst schuld“ Erfolg macht beliebt und Armut macht einsam. Wer ganz unten auf der sozialen Leiter angekommen ist, der kann nicht mehr so einfach neue Kontakte knüpfen oder wieder auf die Beine zu kommen. Leider ist auch die Touristenhochburg Maspalomas vor dem Problem der Heimatlosen nicht verschont, oder gerade deswegen damit konfrontiert.     Seit 15 Jahren arbeitet der Verein Caipsho als eine Initiative der Caritas Sur mit großem Einsatz und mit noch mehr Herz für die Reintegration der Obdachlosen. Gerne stellen wir Ihnen ihre Arbeit vor und begeben uns in das Zentrum gleich am unteren Eingang der Kirche von San Fernando de Maspalomas, das von der ausgebildeten Sozialarbeiterin Katia Santana geleitet wird.

Ich hatte mir vor dem Besuch gar keine Vorstellungen gemacht, wie das Zentrum aussieht und sicher keine noble Einrichtung erwartet. Aber beim Anblick des ärmlichen, behelfsmäßig improvisierten und bunt zusammengetragenen Mobiliars krampfte sich mein Herz schon zusammen. Fast schämte ich mich, als ich begriff, dass hier die Arroganz der abgehobenen und weltfremden Zivilisation unserer Wohlstandsgesellschaft mit voller Wucht zuschlug. Denn die Obdachlosen nehmen dieses Zentrum ganz anders wahr.

Dankbar, dass es dieses Zentrum überhaupt gibt, ist es für sie ihre einzige Zufluchtsstätte, zumindest tagsüber. Denn nachts bleiben die Türen zu. Dann heißt es einen Schlafplatz zu finden und dieser ist meist unter Brücken, am Strand, in Höhlen oder in Parks. Auch wenn das Klima hier nicht die eisigen Temperaturen unserer Herkunftsländer erreicht, kann sich wohl jeder vorstellen, dass man - besonders im Winter - trotzdem friert. Und wie sieht es mit der Angst aus? Kann man ruhig schlafen, so ungeschützt? Man schläft sicher nicht gut, wenn man gleichzeitig auf der Hut sein muss. Dazu kommt das kalte Gefühl der Einsamkeit, denn die Obdachlosen verstecken sich quasi vor der Gesellschaft - zu groß ist die Scham. Niemand ist stolz darauf, in so eine Situation zu geraten.

Noch ein wenig Menschlichkeit

Hier bekommen Sie etwas zu essen und wenn das Zentrum schließt, können sie sich ihre Tagesration Wasser (zwei Liter) holen. Hier duschen sie sich oder ziehen sich auf der Couch vor den kalten verurteilenden Blicken der Passanten ein wenig zurück. Für sie ist es ein Ort der Menschlichkeit, ihr kleines Paradies. Die Obdachlosen haben die Möglichkeit, ihre Wäsche zu waschen, sich die Haare schneiden zu lassen, ihre persönliche Habe in einem kleinen Spind zu verstauen oder ihre Post zusenden lassen.

Als Alkoholiker abgestempelt

Die Zahl der Obdachlosen steigt von Jahr zu Jahr. Inzwischen sind es in der Gemeinde San Bartolomé de Tirajana um die 275, die Hälfte davon Ausländer aus der ganzen Welt, wie z. B. aus Kuba, Tschechien, Deutschland etc. 

Ich habe oft Äußerungen gehört wie „Die Obdachlosen sind alle selbst schuld an ihrer Situation, sollen sie doch arbeiten gehen“. Der freiwillige Helfer Miguel Prieto Lorenzo, der regelmäßig als Übersetzer mitarbeitet, formuliert es so: „Man darf nicht denken, dass alle Alkoholiker oder Drogensüchtige sind. Viele sind normale, anständige Leute, die durch teils tragische Umstände in diese Situation gekommen sind. Manchmal ist es eine längere Krankheit, der Tod eines Angehörigen, der Rutsch durch das grobmaschige Netz der Gesellschaft, der Verlust der Arbeitsstelle oder einfach nur eine Scheidung und plötzlich steht man vor dem Nichts“.

Letzte Chance auf einen Neuanfang

Katia ergänzt: „Der Name CAIPSHO steht für Centro de Acogida e Intervención Promocional con Personas Sin Hogar. Wir betreuen dreißig Obdachlose mit zwei festen Mitarbeitern. Jeder von ihnen hat eine ganz individuelle Situation, auf die wir eingehen müssen. Voraussetzung ist, ungeachtet der Situation, der Wille etwas zu verändern. Damit das überhaupt funktionieren kann haben auch wir Regeln, an die man sich halten muss, wie z. B. gegenseitiger Respekt, Körperhygiene und keine Aggressionen, kein Diebstahl etc. Wichtig ist auch aktiv mitzuarbeiten, um seine Situation zu verändern. Je nachdem, in welcher körperlichen und psychischen Verfassung wir jemanden aufnehmen, ist unter Umständen zuerst eine medizinische Versorgung notwendig oder anderweitige sozialpädagogische Betreuung.“

Der Traum vom Dach über dem Kopf

Man kann sich gut vorstellen, dass es mit dem Selbstbewusstsein der Obdachlosen nicht gerade gut bestellt ist. Sie freuen sich über gelebte Menschlichkeit, darüber, dass jemand mit Ihnen redet oder einfach nur zuhört. Caipsho versorgt sie mit Decken für die Nacht und mit Kleidung, die sie von Spenden der Caritas zur Verfügung gestellt bekommen. „Niemand würde jemanden einstellen, der schmutzig oder stinkend zum Bewerbungsgespräch kommt“ erläutert Raquel. 

Das Ziel von Caipsho ist es, dass ein Obdachloser irgendwann wieder ein Zuhause, eigenständig lebt und seinen Platz in der Gesellschaft findet. Und das ist auch deren allergrößter Wunsch, wie wir erfahren haben.

Säulen der Arbeit: freiwillige Helfer

Das Zentrum könnte allerdings ohne die Hilfe der freiwilligen Helfer gar nicht funktionieren. Vierzig dieser ‚Voluntarios‘ helfen mit und diese sind vielseitig wie Katia ausführt: 

„Wir brauchen Unterstützung in jedem Bereich. Wir haben uns gut organisiert und jeder Freiwillige unterstützt in seinem Gebiet nach festgelegten Zeiten. Zum Glück können wir uns voll auf sie verlassen, sei es beim Einsammeln der Speisen, bei Botenwegen, bei Übersetzungen, beim Putzen etc. Die meisten der Freiwilligen sind übrigens Männer, Frauen sind auch willkommen.

Hilfe könnte man immer gut gebrauchen. 

Manche der freiwilligen Helfer können nicht das ganze Jahr über mithelfen wie z. B. der deutsche Andreas Weller. Der Rentner überwintert auf Gran  Canaria und hilft dann eben in den Wintermonaten mit. Wenn Sie Zeit haben und auch den Wunsch verspüren mitzuhelfen, dann wenden Sie sich herzlich gerne an Katia (siehe Kontaktdaten im Kasten).

Von Förderern und Gönnern

Caipsho arbeitet im Rahmen der Tätigkeiten mit vielen Stellen zusammen, wie z. B. dem Arbeitsamt, der Sozialversicherung, medizinischen Einrichtungen, der Caritas, dem Roten Kreuz etc. Doch es gibt auch eine Reihe von Unternehmen und privaten Institutionen, die sie unterstützen. 

Das Essen beispielsweise stammt von Hotels und Restaurants, die sich bereit erklären, es für einen bestimmten Zeitraum zu sponsern. Allen voran sind die IFA-Hotels mit 10 Wochen. Weitere Hotels sind z. B. das Seaside Hotel Sandy Beach, Gran Canaria Princess, Grand Hotel Residencia, Neptuno, Orquidea, Melía Tamarindos, Eugenia Victoria, Parque Tropical, Green Field, Gloria Palace San Agustin, Sheraton Salobre Golf etc. Caipsho wird auch von Unternehmen unterstützt, wie z. B. Brot von Bäckereien, Obstläden oder Toner für die Administration von Tinten Toner Tankstation.

Die Ungewissheit: das Geld

Es ist eine echte Herausforderung, das Zentrum zu führen mit der großen Ungewissheit hinsichtlich des Geldes. Wenn es nicht reicht, dann schrumpfen die Essensportionen mitunter.

„Wir können unsere Augen vor dem Problem der Obdachlosigkeit nicht verschließen. Es ist eben da und ich sehe es als meine Pflicht, auch darauf Aufmerksam zu machen. Im November planen wir eventuell einen Tag der offenen Tür, so dass sich jeder über das Zentrum und unsere Arbeit ein Bild machen kann.“ führt Katija aus.

Andreas‘ Traum wäre, eines Tages ein Netzwerk von Mini-Spendern zu haben, die z. B. mit fünf Euro im Monat, Caipsho unterstützen. „Das wäre für den Einzelnen zu verkraften, würde allerdings für das Zentrum auf lange Sicht eine stabile Basis schaffen. In diesem Sinne schließe ich diesen Bericht mit dem Zitat von Martin Luther King: „I have a dream“.

SIE WOLLEN HELFEN?

Wenn Sie möchten, können auch Sie als „Voluntario“ (Freiwilliger Helfer) Caipsho unterstützen (Ausschank, Begleitung von hilfsbedürfigen Personen zu Ärzten, Administration von Anträgen, Übersetzungen etc.)

SIE WOLLEN SPENDEN? - Was wird benötigt?

• Kleidung, Unterwäsche, Socken, Schuhe, Decken, Handtücher…
• Lebensmittel (Wasser, Kaffee, Zucker, Kakaopulver, Gofio, Milch, Konfitüre, Butter etc.)
• Hygieneartikel: Duschgel, Seife, Zahnbürsten, Rasierschaum, Zahncreme, Waschmittel, Servietten, Reinigungsmittel, Toilettenpapier…

KONTAKT: CAIPSHO (CARITAS DEL SUR)
Caipsho der Caritas del Sur
Avda. de Tejeda 7 (unterer Eingang bei der Kirche)
San Fernando de Maspalomas
Tel.: 928 762 713, Katija Santana 646 264 193 (span.)
Miguel Prieto Lorenzo 600 055 798 (deutsch)
www.caipsho.com

GELDSPENDEN CAIPSHO (steuerlich absetzbar)
Bank: Banco Sabadell
Konto: 0081 0402 97 0001778282