Ausgabe Nr.
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J M upload 08.09.2018, Viva Edition 70 | Print article

Das versunkene Reich der Altkanarier Teil 2 - Was sagt die Wissenschaft?

Die faszinierende Arbeit der Archäologen und Konservatoren, die im ersten Stock des Museums Cueva Pintada das Kulturgut der Altkanarier erhalten möchten und dabei noch viele Rätsel zu lösen haben. Einst war „Agaldar“, wie die Stadt Gáldar einst genannt wurde, Sitz des letzten Herrschers der Urbevölkerung (Guanarteme genannt). Dorthin entführten wir Sie in einem der bedeutendsten archäologischen Ausgrabungsstätten auf Gran Canaria. Auf keiner anderen Insel des Archipels ist die Anzahl an archäologischen Fundstellen höher als auf Gran Canaria. Mitte des 19. Jahrhunderts fanden Bauern zufällig die bemalte Höhle „Cueva Pintada“, die dem Museum und Archäologiepark von Gáldar seinen Namen gab. Seit 2006 ist er in seiner jetzigen Form der Öffentlichkeit zugänglich und wird rege, sowohl von Einheimischen als auch von Touristen, besucht.

Direktorin Carmen Gloria Rodríguez Santana zeigt jüngste Fundstücke

In diesm zweiten Teil geht es weniger um das Leben der Altkanarier, sondern vielmehr um die Erhaltung des Kulturguts, wofür sich der Archäologiepark von Gáldar seine Bestimmung gefunden hat. Faszinierend ist die Arbeit als Archäologe und Konservator. Seit 1987 wird hier gegraben und noch immer werden Fundstücke gesichert. Gran Canaria war die am meisten besiedelte Insel des Archipels. Forscher schätzen dass die Bevölkerung in mehreren Strömen aus dem afrikanischen Kontinent kamen. Die größte Expansion erreichte sie schließlich zwischen dem 12. und 14. Jhdt. mit geschätzten bis zu 70.000 Einwohnern, wobei die Direktorin Carmen Gloria Rodríguez Santana (siehe Foto) ergänzt, dass als Folge der neuen komplexen Berechnungen man heutzutage eher von etwa 30.000 Menschen ausgeht.

Noch viele Rätsel für die Forscher

Mit den Eroberungen durch die spanischen Konquistadoren im 15. Jhdt. wurde die indigene Bevölkerung fast ausgerottet und nur etwa 4.000 bis 5.000 überlebten, vornehmlich Frauen und Kinder. Im Laufe der Zeit fand naturgemäß eine Genvermischung statt. Eben dieser Umstand, dass die Altkanarier fast ausgerottet wurden und es keine Aufzeichnungen führten, lässt viele Fragen aufwerfen. Sie waren keine Seefahrer, die sich mit den Menschen der anderen Inseln vermischen konnten. 

Die jüngsten Funde

Erst vor knapp drei Monaten wurde wieder eine neue Ausgrabung im Areal gestartet, die eigene Archäologen mit Unterstützung von zwei Studenten und zwei Helfern gemacht haben. Daher stammen einige ganz neue Funde (siehe Fotos)

„Man kann davon ausgehen, dass alle Metallobjekte nicht prähispanisch waren, denn die indigene Bevölkerung kannte es nicht.

Erst mit den Eroberern kam Metall auf die Inseln, wie z. B. Angelhaken, die Glockenhalterung oder die Brosche, die Öllampe, die mit Tierfetten betrieben wurde", sagt die Direktorin. Pintaderas[1], kleine Stempel zur Identifikation (siehe Bericht) wurden meist als eine Art Kette um den Hals getragen. Fragment eines mit Linien dekorierten Tongefäßes. Das Muster ergab sich durch unterschiedliche Materialien bei der Glasur. Geometrische Formen wie Drei- und Vierecke, Linien, Quadrate sind einzigartig für Gran Canaria und eindeutig prähispanisch sind.

Fundstücke im Kontext zueinander 

Jedes neue Fundstück wird genau dokumentiert wo es wie gefunden wurde. Erst dann gelangt es ins Labor, wo es mit einer Inventarnummer versehen wird. Derzeit ist man bereits bei der Zahl 35.000 angelangt, wobei man berücksichtigen muss, dass eine Nummer Objekte umfassen kann, die bis zu 300 Teile/Fragmente hat. Der erste Schritt ist das Sortieren und die die Reinigung der Teile eines Objekts. Das muss entsprechend seiner Beschaffenheit geschehen, sei es Ton, Mineral, Metall etc.

Nun ist bei den Wissenschaftlern Geduld gefragt. Fotografien dieser Fragmente helfen das Objekt ähnlich einem Puzzle zusammenzufügen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese sich im Laufe der Jahrhunderte unterschiedlich deformieren können. Das hängt davon ab auf welchem Boden, wie die Erdbeschaffenheit und Feuchtigkeit ist bzw. war und wie viel Gewicht darauf lag. Das schwarze Objekt auf unserem Foto konnte erst beim dritten Versuch seine Gestalt annehmen.

Jetzt kommt die intellektuelle Expertise zu tragen, um die einzelnen Teile und deren frühere Verwendung zu verstehen. In Angebracht der Vielzahl an Funden ist die Selektion der Exponate ebenso wichtig und Carmen erläutert es so „Jetzt beginnt das neue Leben dieser Objekte hinter der Glasvitrine. Es ist nicht besser oder schlechter als das Ursprüngliche, nur anders“.

Moderne Anlage

Im September 2014 rüstete man entsprechend den Umweltbewusstsein das komplette Museum und die Anlage auf Photovoltaik um und kann seitdem fast den kompletten Energiebedarf selbst decken (Autoconsumo). Ein Bildschirm im Eingangsbereich zeigt den jeweiligen Stromkonsum an. Als nächstes ist die Umrüstung der Beleuchtung im Ausgrabungsareal geplant, um so noch ökonomischer wirtschaften zu können. 

Das Areal mit den Ausgrabungen der altkanarischen Siedlung ist zwar überdacht aber an einer Seite komplett offen, um die Luftzirkulation sicherzustellen. Ansonsten könnten sich die schlimmsten Feinde dieser archäologischen Fundstelle ausbreiten, nämlich die Mikroorganismen. In der neuen noch in Arbeit befindlichen Fundstelle im hinteren Bereich kann man noch einige archäologische Utensilien sehen. U.a. sieht man die Quader der Probebohrungen in die Gesteinsschichten, anhand dieser die Wissenschaftler aufgrund der mineralischen Zusammensetzung Informationen ableiten können, wie z. B. ob es Vieh gab. Wir sind gespannt, was noch gefunden wird.

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Kontakt 

Archäologiepark Gáldar

Museo y Parque Arqueológico Cueva Pintada
c/Audiencia n° 2, Gáldar (100 Meter vom Kirchplatz entfernt)
Anfahrt: Auf der Autobahn GC1 nördlich, auf Höhe Las Palmas die Umfahrungsstraße Richtung GC3 Gáldar und danach der Küstenstraße folgen. Beschilderung „Cueva Pintada“, Parkplatz in der Nähe)

Öffnungszeiten: Sommer (15. Jun. bis 15. Sept.): Di. bis Sa. von 10.30 bis 19.30 Uhr, So. und Feiertage von 11.00 bis 19.00 Uhr.  Winter (16. Sept. bis 14. Juni): Di. bis Sa. von 10.00 bis 18.00 Uhr, So. und Feiertage von 11.00 bis 18.00 Uhr. Anmerkung: Letzter Einlass jeweils eineinhalb Stunden vor der Schließung).

Eintritt: 6 Euro (Gruppen über 14 Personen und kinderreiche Familien: 4 Euro, Studenten und Rentner über 65 Jahren: 3 Euro). Führungen in Deutsch, Englisch und Spanisch. Museumsshop.

Sehenswertes in der Umgebung

Cueva Pintada im richtigen Licht, nun Nachtführungen

Kulte und Riten, Indigenismus im Museum Antonio Padrón in Gáldar

Footnotes

  1. ^ Pintaderas - die 'Besitzmarken' der Urbevölkerung?