Ausgabe Nr.
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J M upload 01.12.2020, Viva Edition 170 | Print article

Kanaren und seine Castillos - unsere Top 5 Ausflugsziele

Zu der Zeit, als unsere Welt noch viel kleiner erschien und viele Kontinente noch unentdeckt blieben, waren die „Inseln des ewigen Frühlings“ eine begehrte Trophäe. Fast hundert Jahre dauerte es, bis die Eroberung der Inseln im Namen der kastilischen Krone gelang. Es begann 1401 mit der Unterwerfung von Lanzarote und endete 1495 mit Teneriffa. Zu den Hauptgründen zählten die territorialen Expansionen sowie die strategische Lage für die Schiffsfahrer. Aber auch ideologische, politische und religiöse Gründe spielten eine Rolle.

Spätestens mit der Entdeckung der Neuen Welt im Jahr 1492 war der Wettlauf um die Vorherrschaft zur See sowie neuer Kolonien voll entfacht. Das „Goldene Zeitalter“ war auch für andere Länder höchst lukrativ, sei es aufgrund der Bodenschätze, billigen Arbeitskräfte oder des Sklavenhandels. England, Frankreich und Holland paktierten gegen Spanien und die darauf folgenden Jahrzehnte mit den damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen gingen als die „Invasiones Inglesas“ in die Geschichtsbücher ein. Sie alle versuchten jahrhundertelang Spanien die Inseln abspenstig zu machen.

Aber auch Freibeuter und Piraten fanden bei ihren Plünderungszügen immer wieder ihren Weg zum Archipel. Und Mauren und Algerier versuchten ebenfalls auf den Inseln einzufallen.

Einigen schicksalshaften Schlachten gedenkt der Archipel mit aufwändig inszenierten Spektakeln, die diese nachstellen - beispielsweise die legendäre Schlacht der Dorfbewohner gegen britischen Korsaren bei Tamasite1) auf Lanzarote.

Gran Canaria hatte mehrmals blutig geführten Angriffen stand zu halten und konnte aufgrund des tapferen Widerstands der Bevölkerung einige ungleiche Schlachten für sich entscheiden. 1595 versuchte Sir Francis Drake und John Hawkins, die im Auftrag von Königin Elisabeth I. auf dem Weg in die Neue Welt waren, die Insel zu unterwerfen. Doch aus der geplanten ‚schnellen Invasion‘ wurde nichts und nach mehrmaligen Versuchen vor La Isleta gaben sie ihr Vorhaben schließlich auf und fuhren weiter nach Amerika, wo Drake später auf Puerto Rico den ihm zugefügten Verletzungen erlag. Diesem Ereignis wird alljährlich im Oktober bei der „Fiesta Naval“ gedacht.2)

Drei Jahre danach (1598) versuchte der holländische Vize-Admiral Pieter van der Does, Las Palmas de Gran Canaria, trotz einer zahlenmäßigen Übermacht an Schiffen und Männern, zu unterwerfen - erfolglos.

Wie man sieht, mussten sich die Bewohner der Kanaren immer wieder unwillkommenen Gästen stellen und so wuchs im Laufe der Zeit die Zahl der Befestigungsanlagen und Castillos, von denen einige noch heute in gutem Zustand sind und ein charismatisches Zeitzeugnis damaliger Ereignisse ablegen. Die Feste in Memoriam dieser historischen Geschehnisse mussten in diesem Jahr aufgrund der Gesundheitskrise abgesagt werden, aber die Castillos kann man besuchen. Lassen Sie sich in eine andere Zeit entführen!

Wir haben dieses Mal unsere Top 5 der sehenswertesten Castillos zusammengetragen (Anm.: Tiefergehende Informationen finden Sie über die jeweiligen QR-Codes aus unserer Berichterstattung).

Castillo de San Gabriel

Die entzückende Hauptstadt Arrecife auf Lanzarote mit seinem pittoresken Charme, seinen freundlichen Bewohnern und seinen weitläufigen weißen Stränden ist für Erholungsuchende Individualisten ein begehrtes Ziel - auch in der Vergangenheit. 13 mal mussten sich die Bewohner in der Zeit von 1459 bis 1762 feindlichen Angriffen stellen. Daher befinden sich in der Hauptstadt Arrecife in unmittelbarer Nähe zueinander gleich zwei Befestigungsanlagen. Das imposante Castillo de San Gabriel3) wurde 1587 nach Plänen von Leonardo Torriani auf einem kleinen, der Stadt vorgelagerten Inselchen (islote) errichtet, auf der zuvor eine primitive, dem Feuer zum Opfer gefallene Holzversion vorhanden war. Die Festung ist über zwei Brücken zu erreichen, die bekanntere „Puente de las Bolas“ ist gemeinsam mit der Anlage das Fotomotiv schlechthin. Der vulkanische Basalt trotzte den Witterungseinflüssen und läßt die Festung im besten Licht erstrahlen. Ein Eyecatcher sind die jeweils drei Tonnen wiegenden Kanonen davor. Das Castillo bildete einen wesentlichen Pfeiler der Verteidigung der Insulaner.

Seit 1972 ist dort das Geschichtsmuseum untergebracht, das Wissenswertes über die vulkanische Entstehung des Eilands, über archäologische Funde sowie die ersten Siedler (den sog. majos) darstellt. Auch Schiffsmodelle, Trachten und Militärkleidung sind ausgestellt. Alleine durch die Lage und die sich damit ergebenden interessanten Perspektiven auf Arrecife, ist das 1979 zum Kulturgut erklärte Castillo de San Gabriel einen Besuch wert.

Arrecife, Lanzarote: Geöffnet: Mo. bis Fr. 10 - 17 Uhr, Sa. 10 - 14 Uhr, Eintritt: 3 Euro. Tel.: +34 928 802 884

Castillo de San Gabriel - ein historisches Juwel

Castillo de San José

Das zweite historische Juwel der Stadt Arrecife ist das Castillo de San José, das sich nördlich des Castillo de San Gabriel befindet. Die Nähe zum Hafen Puerto de Naos sollte vor allem auch die Schiffshändler und ihre Waren beschützen.

In dieser geschichtsträchtigen Festung fusioniert die Vergangenheit mit der Moderne, wo bunte Bilder und abstrakte Skulpturen mit dem brachialen Charme der dicken Steinwände kontrastieren. Bekannt ist das Kunstzentrum unter dem Namen MIAC (Museo Internacional de Arte Contemporaneo). Militärarchitekt Alejandro de los Ángeles plante die im Jahr 1774 von König Carlos III. beauftragte Festung. Allerdings waren die Bedingungen für die arme und ohnehin unter Hunger leidende Bevölkerung derart hart, dass die Festung landläufig den Beinamen „Fortaleza de hambre“ trug (Hungerfestung6)). Nach fünf Jahren Bauzeit wurde das Castillo schließlich fertiggestellt. Markant ist die dem Meer zugewandte halbrunde Form. Wir empfehlen Ihnen bei Ihrem

Besuch auch einen Rundgang. In der unteren Etage befindet sich ein Restaurant, wo Sie über die Fensterfront den herrlichen Blick auf den Yachthafen genießen können - herrlich.

Moderne Kunst in der Hungerfestung - Castillo de San José

Castillo de la Luz

Fusion aus Vergangenheit und Moderne: Dem erbitterten Widerstand der indigenen Bevölkerung geschuldet, zog sich die Unterwerfung von Gran Canaria vergleichsweise lange hinaus und war formal 1483 besiegelt. Gouverneur Alonso de Fajardo ließ in Las Palmas de Gran Canaria bereits 1478 einen Wachturm (Torreón) erbauen. Nachdem die Insel immer wieder Ziel von Angriffen wurde, wie eingangs erwähnt, wurden die Befestigungsanlagen sukzessive verstärkt und erweitert, wie z. B. die des Castillo de La Luz. Es folgte ein schützender Festungswall und 1551 wurde eine zusätzliche Mauer errichtet. Ursprünglich befand sich diese Festung direkt an der Küste, doch wuchs die Bevölkerung der Hauptstadt Las Palmas de Gran Canaria und mit ihr die Stadtfläche durch schrittweise Erweiterungen des Bodens durch Ausfschüttung der Erde der Halbinsel La Isleta. Aus diesem Grund befindet sich das Castillo de La Luz westlich des Hafengebiets. Nach umfassenden und gelungenen Renovierungsarbeiten erstrahlt dieses historische Juwel seit 2014 in neuem Glanz und wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Integriert wurde die permanente Kunstausstellung eines der renommiertesten kanarischen Bildhauer: Martin Chirino.5)

Die originären Gebäudeteile wurden weitestgehend belassen und nur stellenweise, falls bautechnisch unbedingt erforderlich, mit neuen architektonischen Elementen, wie EdeEdelstahl und Glas erweitert. Damit soll evident werden, was Original und was rekonstruiert wurde. Ein Attraktion ist der während der Bauarbeiten im Inneren freigelegte Wehrturm aus dem Jahr 1478. Das Castillo de La Luz wurde 1941 zum Historischen Kulturgut erklärt.

Martín Chirino - Eisen und Stein im Castillo de la Luz

Castillo de Mata

Im März 2015 eröffnete das Stadtmuseum von Las Palmas de Gran Canaria nach gelungenen Renovierungsarbeiten und Erweiterungen just im historischen Gebäude des Castillo de Mata.4) Der Bau dieser Befestigungsanlage reicht auf das Jahr 1577 zurück. 1949 wurde es zum Historischen Kulturgut erklärt. Auf vier Etagen wird die Geschichte der Stadt veranschaulicht und eine Besonderheit ist der freigelegte originäre Turm im Inneren. Zudem kann man sich auf der vierten Etage nach draußen begeben und so ungewöhnliche Perspektiven auf das Castillo sowie herrliche Ausblicke auf die Stadt Las Palmas und den Hafen genießen. Ein echtes Highlight! - siehe Castillo de Mata - Burg & Blick im Stadtmuseum von Las Palmas de Gran Canaria

Santa Barbara

In der Gemeinde Teguise im Süden von Lanzarote entstand am Krater des Vulkans Guanapay, wo Lancelotto Malocello im 14. Jhdt. einen Turm errichtete, das Castillo de Santa Bárbara. Es wurde 1979 zum historischen Kulturgut erklärt und durch die exponierte Lage bietet sich dem Besucher ein schöner Ausblick auf die Vulkangegend. 1991 wurde ein Museum integriert, das sich der kanarischen Emigrationswelle nach Amerika widmet und 20 Jahre danach wurde es um einen Aspekt, der die Piraterie behandelt, erweitert.              

jm

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Verweise: (siehe: www.viva-canarias.es)

4)Viva Canarias Nr. 88 vom 4.12.2015 - „Castillo de Mata“ - Burg und Blick, im Stadtmuseum von Las Palmas de Gran Canaria

5)Viva Canarias Nr. 106 vom „Martín Chirino - Eisen und Stein im Castillo de la Luz“

6)Viva Canarias Nr. 31 vom 15.3.2013 „Castillo de San José, moderne Kunst in der Hungerfestung“

7)Viva Canarias Nr. 48 vom 3.1.40214„Castillo de San Cristóbal“, Festungsturm im Fischerviertel“