Ausgabe Nr.
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J M upload 16.05.2018, Viva Edition 62 | Print article

Die vier Pforten - Kultplatz der Altkanarier

Dass die Kanaren über viele Strände verfügen, ist über die Grenzen hi-naus bekannt. Dass es hier allerdings auch tausende von archäologischen Fundstellen gibt, weniger. Wie lebte die indigene Bevölkerung und woher kam sie? Auch hier ist noch einiges nicht eindeutig geklärt und es gibt noch viel zu erforschen. Seit Jahren bemüht man sich daher, das Mysterium rund um die Altkanarier zu enträtseln. 

Viel wurde investiert, um die Geschichte und das Kulturgut für die Nachwelt zu erhalten und zugänglich zu machen, wie z. B. das beeindruckende Gräberfeld von Maipés bei Agaete (siehe Ausgabe Nr. 44). Einer der bedeutendsten Kultplätze  aus der prähispanischen Zeit ist die Höhlenformationen „Vier Pforten“, denen in den gängigen Reiseführern leider nur wenige Zeilen gewidmet werden - zu Unrecht wie wir finden.

Unterschiede Gomeros, Mahos, Guanchen, Canarios?

Die ersten Siedler kamen etwa um 500 v. Chr. und vermutlich in mehreren Wellen. Die Inseln wurden allerdings getrennt besiedelt. Die Altkanarier waren keine Seefahrer und vermischten sich somit nicht untereinander zwischen den verschiedenen Inseln, das erklärt warum sie sich auch physiognomisch unterscheiden. 

Auf Fuerteventura waren die Ureinwohner die sogenannten „Mahos“, auf Teneriffa „Guanchen“, „Gomeros“ auf La Gomera und „Bimaches“ für den Rest des Archipels mit Ausnahme von Gran Canaria. Hier wurden sie erstmals von Manuel de Osuna und Saviñon als „Canarios“ bezeichnet und damit waren lediglich die Altkanarier der Insel gemeint. Auf Letzterer wurden bei weitem die meisten archäologischen Fundstellen (der sogenannten „Yacimientos“) entdeckt und scheint somit die am meisten besiedelte Insel gewesen zu sein. Aufgrund neuester DNA-Analysen sowie Ähnlichkeiten mancher Keramiken, Riten und Bestattungsrituale scheint der Ursprung der Bevölkerung auf die Berber zurück zu gehen (Quelle: „Guia del Patrimonio Arqueológico de Gran Canaria).

Mit Beginn der Eroberungen durch die spanischen Konquistadoren wurden die meisten Ureinwohner allerdings getötet und andere, die  überlebten, wurden in die Sklaverei verschleppt. Es gibt keine Aufzeichnungen und so gestaltet sich die Entmystifizierung der ersten Siedler nach wie vor schwierig. Viele Rätsel gibt es noch zu lösen und irgendwie steckt in jedem von uns ein wenig Entdeckergeist.

 

Auf zu den „4 Pforten“

Keine fünf Kilometer südwestlich von Telde in Richtung Ingenio liegt die archäologische Kultstätte „Cuatro Puertas“. Es ist leicht zu finden und sehr gut ausgeschildert. An einer kleinen Häusergruppierung führt eine schmale Straße hoch auf den „Montaña Bermeja“, was soviel wie rotbrauner Berg bedeutet und sich von der Färbung des Tuffgesteins ableitet.  

Die Erhebung befindet sich etwa 319 Meter über dem Meeresspiegel und wird landläufig auch „Montaña de las Cuatro Puertas“ genannt. Das grobkörnige und brüchige Vulkangestein konnte von den Altkanariern mit einfachen Steinpickeln bearbeitet werden und so entstand die Höhle der „Vier Pforten“. Die Höhle hat eine Dimension von 17 mal sieben Metern und an ihrer Nordseite sind vier große Öffnungen aus dem Vulkangestein geschlagen worden, die an vier Pforten erinnern. Je nach Tageszeit bieten sich ungewöhnliche Lichteffekte.  Im Jahr 1972 wurde sie zum Kulturellen Interesse erklärt. Der Zugang ist leicht und auch für Unsportliche gut zu schaffen. 

Von dem kleinen künstlich geschaffenen Platz davor bietet sich ein wunderbarer Ausblick in Richtung Gando bis zum Meer. Man vermutet, dass dieser einst sogar überdacht war. Irgendwie liegt es auf der Hand, dass diese exponierte Lage dieses Ortes für das „Werken der wichtigen Persönlichkeiten“ geradezu prädestiniert war. Einst soll es die Residenz des Faycan von Telde gewesen sein (entspricht etwa der Position eines Bürgermeisters) bzw. auch von „Harimaguadas“, Frauen, die sich dem religiösen Leben verschrieben haben. Im Laufe der Zeit wurde die Höhle vielseitig verwendet wie z. B. als Lager oder Tierstallung.

Die Opferstätte der Altkanarier

Wenige Schritte entfernt, am Berggipfel sozusagen, befindet sich der kreisförmige Kultplatz, den ein in den Stein gehauener Kanal umgibt. Hier zelebrierten die Altkanarier ihre Riten oder beteten zu ihren Göttern, brachten Opfer oder ähnliches. Ein mystischer Platz mit einem spektakulären Panoramablick. Liebe Leser, das war der Anfang unserer Expedition in die Vergangenheit, es geht noch weiter.

Weitere Höhlen

Wenn Sie trittfest sind, dann sollten Sie unbedingt dem Weg folgen, der entlang der Südseite des Berges führt. Es wäre auch kein Nachteil, wenn Sie schwindelfrei sind, denn an manchen Stellen geht man nahe an den steil abfallenden Felswänden, die einen spektakulären Blick in die Tiefe frei geben.

Man passiert eine Höhlenformation (Cueva de los Papels) mit den Fruchtbarkeitssymbolen in Form von dreieckigen Malereien nach der anderen. Dort war die Kulisse einer Szene des spanisch/italienischen Films „Tirma“ aus dem Jahr 1954 mit dem legendären Marcelo Mastroiani in der Hauptrolle und der von den Abenteuern einer kanarischen Prinzessin und einem kastilischen Soldaten handelte. Die Höhlen sind verbunden durch kleine Torbögen bzw. kleinere Tunnel und an manchen Stellen sind sogar Stufen zu sehen. Der nächst größere Höhlenkomplex (Cueva de Los Pilares) diente einst als Wohnstätte und Speicher. Unweit von hier soll sich der erste Steinbruch aus vorspanischer Zeit befunden haben, wo die Altkanarier den Rohstoff für ihre Mahlsteine bezogen, die beispielsweise für die Gofio-Produktion verwendet wurden (siehe unseren Bericht aus Ausgabe 55 „Einsatz von Steinen durch die Altkanarier“).

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei Ihrer Entdeckungstour! 

Anfahrt: 

Anfahrt entweder von Telde in Richtung Ingenio (etwa fünf Kilometer, gut ausgeschildert) oder die Autobahnabfahrt Ojos de Garza wählen und von dort in Richtung Berge.
Die Besichtigung ist gratis, der Zugang zur Höhle „Cuatro Puertas“ leicht. 
Der schmale Trampelpfad zu den anderen Höhlenformationen erfordert eine gewisse Trittfestigkeit, Schwindelfreiheit von Vorteil.