Ausgabe Nr.
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J M upload 02.10.2020, Viva Edition 168 | Print article

Roque Bentayga - am heiligen Berg der Altkanarier

Manche Plätze sind mehrere Besuche wert und einer davon ist einer der bedeutendsten Kultplätze der Altkanarier: Roque Bentayga im Herzen der Insel. Er ist ein ideales Ausflugsziel für einen abwechslungsreichen Tag mit einem Mix aus Geschichte, Archäologie und Wanderfreuden.

Der Ausflug startet idealerweise in den Morgenstunden, um die Wanderung während der warmen mittäglichen Sonnenstunden zu vermeiden. Von Maspalomas aus geht es nordwärts durch das Tal von Fataga, hoch zum Bergstädtchen Tunte und dann weiter in Richtung Tejeda auf der GC-40. Der gut zu befahrenden Serpentinenstraße folgend weist eine Abzweigung den Weg zum Parkplatz am Fuß des Roque Bentayga.

Eigentlich besteht diese archäologisch interessante Stätte aus drei unabhängigen in einer Linie angesiedelten Formationen. Eine Zone diente der Behausung und der Viehhaltung (Cuevas del Rey), eine als Begräbnisstätte (Roque del Camello) und eine kulturellen Riten (Roque Bentayga). Das vermuten die Archäologen aufgrund von Höhlenmalereien und künstlich geschaffenen Einkerbungen, die vermutlich Ritualen dienten.

Der letztgenannte Fels erhebt sich bis auf 1.414 Meter und dominiert die Umgebung mit seiner majestätischen Erscheinung, eingebettet zwischen den Tiefen des Barranco de Acusa und Artenara auf der einen Seite und dem Barranco de Roque Nublo auf der anderen.

Die Lage war prädestiniert, um feindlichen Angriffen trotzen zu können. Es war eine der letzten Rückzugszonen der indigenen Bevölkerung im Kampf gegen die Kolonialisierung durch die kastilischen Truppen unter der Leitung von Piedro de Vera. Zwar konnten sie ihm dort immerhin zwei Wochen lang trotzten, doch nach einer neuen Formation war sein endgültiger Eroberungsfeldzug auf Gran Canaria mit der Schlacht an der Festung von Ansite im Jahr 1483 schließlich besiegelt.

Der Ausblick ist einfach herrlich, auch wenn die Gegend aufgrund von Regenmangel und dem heißen Sommer nun vorwiegend in verschiedenen Gelb- und Braunnuancen (siehe Foto 001) changiert und die Natur die Farbe Grün deutlich missen lässt.

Die nahe gelegene Bergstadt Tejeda und die Häuser mit den hauptsächlich weißen Fassaden der umliegenden Ansiedlungen erscheinen unwirklich. Die Stille wird nur dann und wann von Hühnergeschrei, Hundegebell oder kreisender Vögel unterbrochen.

Informationszentrum zum ‘Aufwärmen‘

Bevor Sie Ihren Weg hoch zum Roque Bentayga beginnen, empfehlen wir einen Abstecher in das Interpretationszentrum zu seinen Füßen, das Sie über einige Stufen erreichen. Der Besuch ist kostenlos, aber nicht umsonst. Dort erfahren Sie Hintergrundinformationen über die Altkanarier und den Kultplatz.

Genau vor dem Eingang des Interpretationszentrums beginnt auch der Aufstieg zum Roque Bentayga (siehe Foto 002). Dafür sollten Sie trittsicher sein und festes Schuhwerk ist empfehlenswert. Zwar handelt es sich um eine vergleichsweise kurze Strecke mit einer Gehzeit von ca. 30 Minuten, doch geht es durchweg bergauf. Der Trampelweg führt, flankiert von herrlichen Panoramaausblicken, rund um den Felsen bis zum letzten Stück. Dieses ist etwas steiler und mit Stufen versehen sowie mit Halteseilen gesichert (siehe Foto 003).

360° Glückseligkeit am heiligen Fels

Oben angekommen bietet sich ein überwältigender Blick, trotz Trockenzeit und Calima-Sand. Hier fühlt man sich dem Himmel nah und eine kleine runde, künstlich ausgeschlagene Höhle bietet sich als schattiger Rastplatz mit einer sensationellen Aussicht an. Die Akustik in dieser ‚künstlichen Kugel’ ist außergewöhnlich und fast wäre ich versucht gewesen ein Liedchen zu trällern, wenn ich nur mit einem Quäntchen musikalischem Talent gesegnet wäre.

Die Sakralzone vor uns besteht aus einigen künstlich geschaffenen Löchern im Boden und einer Art Rinnsal bzw. Einritzungen im Boden. Die Riten dürften meistens dazu gedient haben, die Götter anzurufen, um um Regen oder Fruchtbarkeit zu bitten.

Überquert man den ‚Altar‘ gelangt man an eine weitere Höhle, die fast wirkt, als schwebe sie frei über den Tiefen der Schlucht. Es erfordert ein wenig Mut, den ich nicht aufgebracht habe, diesen Felsüberhang zu betreten. Wer nicht schwindelfrei ist sollte solch ein Vorhaben unterlassen.

Voll getankt mit Energie ist der Abstieg in vergleichsweise kürzester Zeit zu schaffen. Wenn Sie mit der Besichtigung fertig sind, wäre es ein Affront nicht auch noch einen Abstecher in das nahe gelegene Bergdorf Tejeda zu unternehmen. Und falls Sie keine Jause mitgenommen haben, besteht doppelter Grund für eine weitere Etappe. Siehe nächste Seite.

FAZIT

Für den Auf- und Abstieg sollten Sie etwa 40 bis 50 Minuten Nettogehzeit einplanen. Hunde sind erlaubt, sowohl am Kultplatz als auch im Interpretationszentrum.

Siehe auch Tejeda Stadt - im Herzen der Insel auch ohne Mandelblüte entzückend