Ausgabe Nr.
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J M upload 02.08.2018, Viva Edition 35 | Print article

Dr. Jungsheng Che über die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

In der konventionellen Medizin wurden bei der Behandlung akuter Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte erzielt. Gleichzeitig nimmt die Zahl chronischer Beschwerden und funktionaler Störungen zu. Nicht immer können Ärzte das „Wunder Mensch“ entschlüsseln und das trotz modernster medizinischer Apparate und Labors. Immer mehr Ärzte erweitern ihr Wissen von der klassischen Schulmedizin durch alternative Behandlungsmethoden. Eine davon ist die ganzheitlich orientierte „Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)“, die für viele Menschen im Osten wie im Westen nicht mehr wegzudenken ist und für andere wiederum nach wie vor ein unbekanntes Terrain darstellt.

Wir besuchten Dr. med. Junsheng Che in seiner Praxis im ersten Stockwerk des Einkaufszentrums Varadero in schönen Meloneras und wollen die chinesischen Behandlungsmethoden ein wenig besser verstehen. Der ruhige und bescheidene Arzt betreut viele Patienten schon seit Jahrzehnten und manchmal sogar in zweiter oder dritter Generation. Manche kombinieren sogar ihren Kanarenurlaub mit einem Arztbesuch, um beispielsweise die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen. 

„Das ist überhaupt eine ideale Kombination“, erläutert der Arzt und führt weiter aus: „Die Kunden sind außerhalb ihrer täglichen Routine und gelöst von Stressfaktoren können sie intensiver und entspannter über sich und ihren Körper nachdenken. Etwaige Behandlungen sprechen so optimal an bzw. bieten den größtmöglichen Erfolg.“

Was ist anders bei der chinesischen traditionellen Medizin?

Dr. Che formuliert es so: „Der größte Unterschied in der klassischen jahrhunderte alten chinesischen Medizin liegt in der unterschiedlichen Weltanschauung. In der westlichen Welt bzw. der Schulmedizin herrscht die Mikro-Sicht vor, in der vornehmlich die einzelnen Bereiche isoliert betrachtet oder mittels Mikroskop im Labor das Blut auf Bakterien oder Viren untersucht werden. In der östlichen Welt wird der Mensch aus einer Makro-Sichtweise ganzheitlich betrachtet.“

Um das aus der täglichen Praxis heraus zu verstehen, nehmen wir bei unserem zweiten Besuch an einer realen Untersuchung von Dr. Che teil (der Patient bleibt anonym).

TCO: sich Zeit nehmen und viele Fragen ... 

Sich Zeit nehmen lautet die oberste Devise bei der Untersuchung nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Während heutzutage in der westlichen Welt viele Gesundheitszentren und Ärzte überlastet sind und sich manchmal nur wenige Minuten für die Beschwerden der Patienten Zeit nehmen können, ist das bei der TCM anders. Mindestens eine halbe Stunde, eher sogar eine Stunde, fragt der Arzt dies und jenes. Anhand der Antworten des Patienten folgen die weiteren Fragen, während Dr. Che bedacht und gründlich den Menschen untersucht, seine Nägel, die Zunge, die Haare, die Augäpfel, und dabei immer wieder den Puls fühlt. Dazwischen stellt er wieder eine Reihe von präzisen Fragen wie z. B. Wo genau befindet sich der Schmerz im Kopf, wie oft, wie lange, seit wann etc.? Aus der Kombination vom äußerlichen Bild, dem Ertasten und Fühlen des Pulses sowie den Antworten des Patienten stellt der Arzt schließlich seine Diagnose und bespricht die weiteren Behandlungen. 

Die Ergebnisse sind unglaublich und es fällt uns „Westlern“ schwer, das alles zu verstehen, und vor allem an Dinge zu glauben, die wir nicht sehen können (außer scheinbar bei Tabletten). Wir sind es gewohnt, Unmengen von Medikamenten zu uns zu nehmen, ohne dass diese die eigentlichen Ursachen unserer Beschwerden beseitigen. Manchmal scheinen auch die Ärzte ratlos, wenn Blutbild und Röntgenbilder nichts aufzeigen.

Schlimm ist es für die Betroffenen, die manchmal jahrelang leiden und oft als „letzte Hoffnung“ Alternativen suchen und so ihren Weg zu Ärzten wie Dr. Che finden. Die Behandlungen in der TCM unterscheiden sich grundsätzlich von denen der klassischen Schulmedizin. Natürlich wird heute in China aus Zeitgründen bei akuten Fällen in Krankenhäusern nach der westlichen Methode operiert und entsprechende Medikamente eingesetzt. Aber für gewöhnlich setzt man in der traditionellen chinesischen Medizin bei der Behandlung auf einen der vier Hauptbereiche oder eine Kombination daraus.

WENN möglich: Ohne Medikamente mittels Akkupunktur

Ein wesentlicher Teilbereich ist die Akupunktur. Diese geht von Lebensenergien des Körpers aus, die entlang definierter Bahnen (den sogenannten Meridianen) laufen und die menschlichen Organe verbinden. Bei der Behandlung werden feine Nadeln in bestimmte Punkte des Körpers gesteckt (ohne Schmerzen), die den natürlichen Fluss der Energiebahnen wieder herstellen und Blockaden lösen. Klingt irgendwie nach Zauberei, sagen so manche westliche Ärzte. In China existiert die Akupunktur schon seit Jahrtausenden und wird heute als universitäre Fachrichtung beim Arztstudium gelehrt. 

Die Akupunktur wird nach wie vor häufig als Betäubungsmittel angewendet. Nachdem die klassische chinesische Methode jedoch viel zeitaufwändiger ist, hielt „der Westen im Osten Einzug“. Das bedeutet, dass in großen Ballungszentren in den Krankenhäusern nach westlichen schulmedizinischen Methoden und mit den entsprechenden Medikamenten gearbeitet wird. Dr. Che führt aus, dass mit der Akupunktur sich sowohl akute als auch chronische Beschwerden oder Entzündungsherde gut behandeln lassen.

Andere Fachbereiche in der chinesischen medizin

Die chinesischen Arzneimittelmedizin basiert auf überwiegend pflanzlichen Heilmitteln, die in Form von Tees zu sich genommen werden. Für jeden Patienten wird eine für ihn individuelle, seinem Krankheitsbild entsprechende Rezeptzusammenstellung erstellt.

Bei der Moxibustion handelt es sich um eine besondere Form der Akupunktur als punktuelle Wärmebehandlung, bei der das sogenannte Moxakraut abgebrannt wird. Bei der sogenannten Tuina-Massage behandelt der Arzt den Patienten an den entsprechenden Stellen und massiert den „Fluss der Energiebahnen frei“. Beim Schröpfen werden belastende oder giftige Stoffe aus dem Körper „gezogen“ und mittels Qigong sorgt die meditative Atem- und Körperbewegung dafür, dass die Körperenergien wieder frei fließen können und Muskeln und Blut mit entsprechendem Sauerstoff versorgt und so die Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Die einzelnen Bereiche für sich sind zu umfangreich und würden den Rahmen hier sprengen. Eventuell werden wir bei einer anderen Gelegenheit das eine oder andere interessante Thema für Sie aufbereiten. 

Dr. Che scheint ein Aushängeschild für die traditionelle chinesische Medizin zu sein. Das meinen wir nicht nur wegen seiner Ruhe und Gelassenheit, die er ausstrahlt, sondern auch wegen des jugendlichen Aussehen des 55jährigen.

Was ist das Geheimrezept eines langen und gesunden Lebens?

„Für seine Gesundheit muss jeder selbst etwas tun, denn ohne Mithilfe der Betroffenen kann der Arzt keine Wunder herbeiführen. Gesunde Ernährung und SPORT:, ohne zu übertreiben, sind einige der Faktoren für ein schönes Leben. Vor allem sollte man Stress vermeiden, denn er ist häufig Auslöser von vielen Krankheiten“, führt der Mediziner aus. Vielleicht bietet sich hier abschließend die Gelegenheit, kurz inne zu halten und nachzudenken, „was mich eigentlich stresst“, um diese Faktoren eventuell zu verändern.

Steckbrief

Der aus China stammende Arzt studierte Schulmedizin und Traditionelle Chinesische Medizin in China und absolvierte danach sein Facharztstudium für Akkupunktur an der Hochschule in Anhui (China). Seine Forschungs- und ärztliche Tätigkeit führte Dr. Che an die Medizinische Hochschule in Hannover, bis er im Jahr 1992 das sommerliche Gran Canaria für sich entdeckte. Die ersten sieben Jahre arbeitete Dr. Che in einer Privatklinik, um schließlich im Jahr 1999 seine eigene Praxis im C. C. Varadero, Meloneras, zu eröffnen.

Kontakt

Dr. med. Junsheng Che, Facharzt für Akupunktur, TCM und Naturheilverfahren
C. C. Varadero, Local A189 (1. Stk.)
Meloneras de Maspalomas, Gran Canaria
Tel.: 928 142 904