Ausgabe Nr.
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J M upload 02.01.2021, Viva Edition 171 | Print article

Gesundmacher Wandern Minikontinent von Schlucht zu Schlucht

Wandern ist gesund und das trifft viel mehr zu, als wir bisher vermuteten. Das Institute for Ecomedicine rund um Univ.-Doz. Dr. Arnulf Hartl beschäftigt sich genau mit dieser Frage und zwar hinsichtlich der Gesundheitswirkung der Natur.

Im Volksmund heißt es immer ‚wandern macht den Kopf frei‘, dabei bleibt unser Hirn aktiv solange wir in Bewegung sind. Diese psychomotorische Achse wird durch die Kombination mit der verbesserten Sauerstoffversorgung verstärkt, zumal die Luftqualität in den Bergen oder Wäldern besonders hoch ist. Bei einer Studie mit Probanden im Alter von 65 bis 85 Jahren zeigte sich, dass sich die T-Zellen im menschlichen Körper nach einer Woche täglichen Wanderungen in der freien Natur regenerierten. Diese Zellen spielen im Organismus bei der Immunabwehr eine zentrale Rolle. Alte Zellen werden aus dem Blutkreislauf entfernt und durch junge, reaktionsfähige ersetzt.

Ebenfalls interessant ist die Erkenntnis, dass beim Abwärtswandern das Knorpel- und Knochengewebe durch die Schläge stärker wächst und auf das Knie, als zentrales Bewegungsgelenk, eine heilsame Wirkung hat - entgegen bisheriger anders lautender Meinungen. Zudem wirkt sich gemeinsames Wandern nachhaltig positiv auf Beziehungen aus - eine neue Paartherapie? Ob es Unterschiede macht in der natürlichen Natur vs. einer artifiziellen Umgebung zu wandern, das wird derzeit an der Uni Innsbruck mit dem Institut für Sportmedizin untersucht.

All diese physischen und psychischen Aspekte der Bewegung in der freien Natur werden um das Thema Sicherheit erweitert, denn in Zeiten von Covid-19 sind risikolose Freizeitbeschäftigungen einfach sinnvoll.

Minikontinent zum Verlieben

Die Kanarischen Inseln forcieren seit fast zehn Jahren den sogenannten Akivtourismus als Alternative zum „Strand und Sonne“ Urlaub, der drei Jahrzehnte die Marketingoffensiven dominierte. Und gerade der ‚Miniaturkontinent‘ Gran Canaria mit seinen mannigfaltigen Möglichkeiten in einzigartigen Landschaften und  spektakulärem Panoramen, ist dafür prädestiniert. Egal, ob Sie fit sind oder nicht - es gibt für jeden eine passende Tour.

Wandern ‚light‘ ...

Individuelle Wanderungen sind wunderbar, aber mit einem oder einer WanderführerIn kann man mitunter Gegenden entdecken, die man alleine gar nicht gefunden hätte. Mit einer kleinen Gruppe macht es noch mehr Spaß, weil neben dem Naturerlebnis neue Kontakte geknüpft werden. Immer wieder stelle ich fest, dass man sich in einem stressfreien Umfeld, ungestört von lästigen Telefonanrufen oder Nachrichten, auf ein ganz anderes Niveau der Gespräche einlassen kann und so manche lieb gewonnene Bekanntschaft ging aus einer Tour hervor. Je schwieriger eine Wanderung ist, desto mehr scheint dieses gemeinsame Meistern zu verbinden.

... von Schlucht zu Schlucht

Diese Mal schlossen wir uns dem Wander- und Tourismusprofi Sofie Hendrix und weiteren fünf Wanderfreunden an. Sie hat eine individuelle Tour auf alten Hirtenpfaden in der Nähe des Naturparks Tamadaba für uns entwickelt und dafür einen Minibus organisiert. Das etwa 2.000 Hektar große Gebiet liegt im Westen von Gran Canaria und wurde zum UNESCO Biosphärenreservat erklärt.

Der Vorteil, wenn Guides individuelle Touren planen ist, dass man sich auch Abkürzungen oder Erleichterungen wünschen kann und diese dann realisiert werden können. In unserem Fall haben wir uns bei der eigentlichen Fernwanderung etwa 200 Höhenmeter erspart, was unsere physisch weniger starke  Wandererseele dankend zur Kenntnis nahm.

Wir begannen die Tour bei Los Alvarianes und sind dann über den Tauropass, den Stausee Salto del Perro, mit einem Umweg über die Cuevas de las Niñas, durch die Schlucht Cañadas de la Mimbre, nach Barranquillo Andrés gewandert. Es handelte sich um den alten Verbindungsweg zwischen den Schluchten von Mogán und Arguineguín. Letztere ist die Längste auf Gran Canaria und beginnt in der Mandelhochburg Ayacata (Anm.: Sofie bietet auch Mandelblütenwanderungen an - siehe Kontakt).

Ein Minibus chauffierte uns durch das Valle de Mogán in nördliche Richtung bis zum definierten Startpunkt und entließ uns dort in die ‚Wildnis‘. Es war ein herrlich wolkenfreier Himmel und in diesen Morgenstunden schmeichelte die frische, kühle Luft unsere Lungen. Das erste Stück war auf einem steileren Trampelpfad, allerdings war die spektakuläre Aussicht hier oben eine mehr als ausreichende Belohnung für unsere Mühen. Alle waren überwältigt und es ist schier schwer in Worte zu fassen, was man in so einem Moment fühlt. Die Stille, nur manchmal von Vogelgezwitscher unterbrochen, schien sich respektvoll unserer Stimmung anzupassen.

Die umgebenden Bergkämme sind geprägt von der kanarischen Kiefer, einer unverwüstlichen, endemischen Art der Kanarischen Inseln. Wie schon mehrmals berichtet, verfügt dieser Nadelbaum über die Fähigkeit, sich nach einem Feuer schnell zu regenerieren.

Die abwechslungsreiche Wanderung präsentierte nach jeder Kurve, nach jedem Anstieg und Abstieg neue Perspektiven. Wir folgten Sofie auf jenen für uns Ortsunkundigen schwer erkennbaren Wegen durch unbewaldetes Gebiet bis zu einem Plateau zu Füßen der Cueva de las Niñas. Die Namensgebung ist nicht von ungefähr und auch der nahe gelegene Stausee trägt ihn. Dabei hat der Hintergrund eine bittersüße Geschichte. Denn als die Zahl der indigenen Bevölkerung stieg, musste sichergestellt werden, dass jeder genug zu essen hat. Daraufhin zelebrierten die Altkanarier eine Art Geburtenkontrolle, indem sie neugeborene Mädchen töten ließen (las niñas).

Wir kehrten in die Gegenwart und legten einen wohlverdienten Zwischenstopp für eine körperliche Stärkung ein. Natürlich ist ein Abstecher zur sich wenige Meter oberhalb befindenden, kurios geformten Höhle (Cueva de las niñas - siehe Foto o.) Pflicht.

Auf diesem Plateau, umgeben von Bergkämmen, befanden wir uns in einer emblematischen Lage. Hier wird zukünftig das 320 Mio. Euro Investitionsprojekt der beiden Stauseen Soria und Chira entstehen, ein Pumpspeicherkraftwerk (mehr Infos - siehe QR-Code).

Ein Highlight auf dieser Wanderung war die sympatische und kompetente Führerin, die uns konsequent mit interessanten und amüsanten Hintergrundinformationen versorgte. Man merkte, wie sehr Sofie Hendrikx die Insel verinnerlicht hat und immer wieder war von den TeilnehmerInnen ein erstauntes ‚oh‘ und ‚wie interssant‘ zu vernehmen. Nach einem weiteren Stück entlang eines Wasserlaufs geht es zwischen den Felsen gemächlich bergab, bis wir schließlich in Cuevas Blancas landeten - dem Ende unserer Wanderung. Um Ihnen ggfs. nicht die Vorfreude zu nehmen und falls Sie sich entschlossen haben an der nächsten Tour Ende Januar teilzunehmen, habe ich nicht zu viele Details über Pflanzen etc. verraten. Julija Major

Steckbrief

Los Alvarianes - Barranquillo Andrés auf dem alten Verbindungsweg der Schluchten von Mogán und Arguineguín.
Distanz: 6,2 km
Höhendifferenz: 332 m
Dauer ca. 6 Std. inkl. Fahrt.

Die nächste Tour „Tamadaba“

Am 29. Januar 2021 plant Sofie Hendrikx von Mogán Verde nochmals diese Tour zu gehen. Diese kostet30 Euro inkl. Versicherungen, Transfer vom Süden Gran Canaria, Führung. Gruppen bis max. 20 Personen.

Mehr Infos:

Sofie Hendrikx, Mogán Verde
Tel: 0034 653 73 77 73
Email: mogan.verde@gmail.com
Homepage: www.moganverde.es

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Weitere Viva Touren zum Nachlesen gesammelt auf unserer Webseite www.viva-canarias.es
• Mandelblütenrouten
• Falkenschlucht, die Route der 10 Wasserfälle, Barranco de Cernícalos
• Charco Azul, Wasserfall an der blauen Lagune
• Route der Tajinaste azul, wenn die Sträucher des Blauen Natternkopfs die Berghänge mit ihrem blauen Blütenkleid überziehen