Ausgabe Nr.
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J M upload 17.08.2012, Viva Edition 16 | Print article

Honig - süßes Gold aus kanarischen Bienenstöcken

Was würde die Menschheit ohne Bienen machen? Die fleißigen Helferlein sorgen für die Befruchtung vieler Pflanzen, ohne die wir nicht überleben könnten. Und sie erzeugen aus dem Nektar der Blüten den Honig, der seit den Anfängen der Geschichte das Dasein der Menschen versüßt - und dabei auch noch gesund ist. Das 21. Jahrhundert bietet uns unzählige technische Hilfsmittel, die das Leben erleichtern. Auch bei der Ernährung sorgen wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden für bessere Verträglichkeit oder weniger Nebenwirkungen. Honig dagegen ist seit Jahrtausenden gleich geblieben, auch wenn Imker und Lebensmittelindustrie manchmal an den natürlichen Abläufen herumdoktern.

Woher kommt die besondere Note beim Honig

Die Bienen können an Orte gebracht werden, wo bestimmte Pflanzen verbreitet sind, was dem von diesen Bienen erzeugten Honig eine bestimmte Geschmacksnote verleiht. Der aus den Waben entnommene Honig kann durch ordnungsgemäße Lagerung mehr oder weniger lang seine gesamten Eigenschaften bewahren. Aber Honig wird nach wie vor von Bienen gemacht und von Imkern gesammelt – und das im Labor nachzumachen hat noch kein Wissenschaftler geschafft. Es gibt zwar einen sogenannten „Kunsthonig“, der aber mit Bienenhonig nichts zu tun hat (es ist eine alte Bezeichnung für Invertzuckercreme aus Traubenzucker und Fruchtzucker).

Der Honig der Kanaren ist etwas Besonderes und seine Eigenart in jeder Hinsicht schützenswert. Seit vielen Jahren wird vor allem auf Teneriffa darauf hingearbeitet, den Imkern ein Zertifikat zu bieten, das die Qualität ihres Honigs amtlich bestätigt. Die Mühe hat sich gelohnt, denn am 26. Juli sind auf Teneriffa die ersten Honig-Gläser mit der geschützten Ursprungsbezeichnung präsentiert worden.

Nach der Genehmigung durch die Madrider Behörden, die im Februar dieses Jahres erfolgt ist, wartet man nun auf die endgültige Aufnahme in den EU-Katalog der geschützten Ursprungsbezeichnungen.

Schon die Altkanarier liebten "Miel"

Schon die Altkanarier wußten wilden Honig zu schätzen und sammelten ihn aus versteckten Bienenstöcken in Höhlen und Baumstämmen. Mit der spanischen Besiedlung kam auch die Imkerei auf die Kanaren und bald wurde der Honig zum Geschäftszweig erhoben. 

Eine Besonderheit der ersten Bienenzucht auf den Kanaren, die zum Teil auch heute noch angewandt wird, ist die Umsiedlung der Bienenstöcke. Je nachdem, welche Pflanzen gerade blühen, wird ein ganzer Bienenschwarm mitsamt den Waben an einen passenden Ort gebracht. In einem vergleichsweise kleinen Territorium, wie dem der Kanaren, ist es schwierig, Honig aus nur einer bestimmten Blüte zu erhalten. Daher ist vor allem der sogenannte „Milflores“-Honig, der der deutschen Bezeichnung Blütenhonig entspricht, in den Regalen mit kanarischem Honig zu finden.

Erst in den letzten Jahren, als die Produktion einen Quantensprung von lokalem Eigenbau zu vermarktbarem Qualitätsprodukt wechselte, begann man vor allem auf Teneriffa damit, reine Blütenhonige zu ziehen. Eine bunte Auswahl davon konnte bei der Präsentation der durch die Ursprungsbezeichnung nun geschützten Sorten gekostet werden. Dass die Auswahl bunt ist, darf durchaus wörtlich verstanden werden. Auch wenn wir meist eine klare Vorstellung von der Farbe des Honigs haben – wir sagen ja auch gerne „honigfarben“ zu einem goldgelb schimmernden Gegenstand – gibt es doch je nach den von den jeweiligen Bienenschwärmen angezapften Blüten eine ganze Palette von Farbtönen. Das geht vom weiß-goldenen Honig aus der Retama-Blüte bis zum matt-schwarzen Aussehen des Avocado-Honigs. In den Honigsorten von Teneriffa finden sich natürlich ebenso viele Geschmacksnuancen wie Farben. Ein wenig kann die Pflanze geschmeckt werden, die von den Bienen besucht wird und ein Teil des Geschmacks ist der Honigeigene. Die Bienen sind aber so freundlich, keine eigenen Spuren zu hinterlassen. Wie der Honig schmeckt ist unabhängig davon, welche Bienenart die Produktion übernimmt.

Die schwarze kanarische Biene (Abeja negra)

Was jedoch sehr wohl von der Bienenart abhängt, ist ihre Anpassung an die Umwelt. Es gibt eine eigene kanarische Art, die aber inzwischen durch eingeführte Rassen fast verdrängt worden ist: Die „schwarze kanarische Biene“. Sie ist an die karge Vegetation, an das Klima und an die Pflanzen gewöhnt. Sie kann während der Blütezeit von einer bebestimmten Pflanze von Sonnenauf- bis Untergang Nektar sammeln, kann aber auch monatelang auf die nächste Blütezeit warten. Das ist besonders in trockenen Gebieten, wie hier auf den Kanaren, wichtig. In Fuencaliente zum Beispiel, einer relativ kargen Gegend auf La Palma, liefern die kanarischen Bienen trotz widriger Umstände ertragreiche Honigernten. Andere aus Europa importierte Bienen kommen mit den spezifischen kanarischen Bedingungen nicht zurecht und verenden, wenn sie keinen Nektar finden.

Die Imker wirken diesem Umstand entgegen indem sie ganze Bienenstöcke von einem Ort zum anderen bringen, mit wechselndem Erfolg. Heute ist die „Schwarze Kanarische Biene“ nur noch in wenigen Zonen auf La Palma, La Gomera und Gran Canaria zu finden, ansonsten ist sie entweder ausgestorben oder hat sich mit den importieren Arten vermischt.

Erstes Qualitätssiegel auf Teneriffa

Ob der Honig auf Teneriffa von der kanarischen Schwarzbiene oder einer anderen der mehr als 20.000 bekannten Arten produziert wird, das Endprodukt kann sich jedenfalls sehen und schmecken lassen.

Die Hürden bis zum Erhalt des Herkunftszertifikats waren eher bürokratischer Natur, denn das Naturprodukt Honig aus Teneriffa war und ist natürlich auch ohne Zertifikat wohlschmeckend und wohltuend. Für Konsumenten und Produzenten ist es jedoch beruhigend, wenn ein unabhängiges Gremium dafür sorgt, dass die Herstellung in allen Phasen nach anerkannten Vorgangsweisen durchgeführt wird und dass in den Honiggläsern nur das drin ist, was drauf steht. Die Freude ist bei den Imkern entsprechend groß, denn mit dem Herkunftszertifikat auf dem Etikett ist die Vermarktung zu einem angemessenen Preis viel leichter zu bewerkstelligen.

„Mil colores y mil sabores“, tausend Farben und tausend Aromen ist das Markenzeichen des Honigs aus Teneriffa. 92 Imker, 4320 Bienenstöcke und 16 Produktionszentren wo der Honig geschleudert wird sind beim Imker-Verband Teneriffas eingetragen. Das Herkunftszertifikat für den Inselhonig ist erst das dritte, das einer Region Spaniens verliehen wird und natürlich das erste auf den Kanaren.

Vier Honigsorten wurden bei der Präsentation des Qualitätssiegels vorgestellt, weitere werden schon bald folgen. Der erste Honig der sich mit dem Zertifikat schmücken durfte ist der dunkelste von allen. Er stammt aus dem Nektar der Avocadoblüten rund um Los Realejos und wird nur auf Teneriffa und in Südspanien abgefüllt. Eine besondere Erwähnung verdient der Blütenhonig aus Vilaflor, einer Gegend die nur wenige Tage nach der Verleihung des Gütesiegels Opfer eines Waldbrands wurde. Ein Honig aus den Nadelwäldern um den Teide und ein weiterer aus dem fruchtbaren Orotava-Tal zeigen auch schon das Herkunftszertifikat auf den Etiketten. In absehbarer Zeit werden andere Honigproduzenten Teneriffas ebenfalls das Gütesiegel erhalten, versichert der Präsident des Imker-Verbands Apiten, Juan José Ramos. „Heute ist ein großer Tag für die Imker auf Teneriffa“, sagte er abschließend. „Unser Honig hat schon lange einen guten Ruf, aber mit dem Herkunftszertifikat können wir diesen viel überzeugender vermarkten.“

Gran Canaria in den Startlöchern

Während auf Teneriffa das frisch ergatterte Herkunftszertifikat gefeiert wird, muss Gran Canaria noch ein wenig darauf warten. In der Zwischenzeit hat die Inselregierung die Imker der Insel aufgerufen, sich an dem Wettbewerb um den besten Honig Gran Canarias zu beteiligen.

Am 31. Juli wurden die Sieger in Valsequillo gekürt und José Florido setzte seinen Erfolgslauf mit zwei ersten Plätzen fort. Diesmal gewann er sowohl für seinen Küstenhonig als auch für den Berghonig erste Preise, wobei ersterer als der beste Honig Gran Canarias einen weiteren Preis einheimste.

Seine Tochter Carmen Rosa nahm am Parallelbewerb für Amateur-Imker teil und erreichte den zweiten Platz für ihren Honig aus mittleren Lagen. Die Preisrichter mussten aus insgesamt 34 Honigsorten von 25 Imkern die besten wählen. Seit 2007 haben die Honige, die unter dem Markenzeichen „Colmenar Florido“ bei den Wettbewerben antreten, die Jurys immer überzeugt und viele Preise gewonnen. Und das liegt sicher nicht nur an dem für die Tätigkeit auffallend passenden Namen des Imkers, denn Florido heißt „blühend“, wie Blumen die den Nektar liefern.

Beim Imker José Florido

Vor mehr als 25 Jahren begann José Florido mit der Bienenzucht und der dazugehörigen Honigernte. Was als Hobby des Naturliebhabers begann, entwickelte sich langsam aber sicher zum Beruf und heute produziert Colmenar Florido jährlich bis zu 2.500 Kilo Honig. „In diesem Jahr konnten wir aber durch die Trockenheit nur knapp 1.000 Kilo Honig gewinnen“, bedauert Tochter Carmen Rosa, die uns im Haus des Imkers in Lomo Magullo empfängt. „In diesem Jahr mussten wir sogar einige Bienenvölker umsiedeln damit sie genügend Blüten finden.“ Der Qualität des Honigs hat dies nicht geschadet, wie wir uns sogleich anhand der Kostproben überzeugen können und wie auch die Preise beim Wettbewerb beweisen.

In der ehemaligen Garage des Hauses kann der Prozess von der Wabe bis ins Glas nachvollzogen werden. Rosa zeigt uns die Waben aus denen der Honig schon geschleudert wurde. „Einige der Holzrahmen mit den Waben können wir den Bienen wieder zur Verfügung stellen“, erzählt sie. Allzu oft dürfen wir sie aber nicht in den Stock zurückgeben, das wollen die Bienen nicht“. Die intelligenten Insekten wissen, was gut für den Honig ist und verschmähen die alten Waben. Bei den Floridos kommt so was natürlich nicht vor, aber es kann schon mal passieren, dass zwischen den Holzrahmen eine Lücke bleibt.

Bester Honig im Tal

Gleich hinter Lomo Magullo, wo die Familie Florido ihr Heim hat, liegt der Barranco de los Cernícalos. Die meisten der Bienen, die für die Imkerfamilie Nektar sammeln, haben dort ihre Waben. Der Schwarm dürfte sich in dem Tal wohlfühlen, denn er liefert sein Jahren den besten Honig, so dass der Name des Tals schon auf vielen Honiggläsern geschrieben steht und für Qualität bürgt. Eine Qualität, die schon bald auch von Amts wegen verbrieft werden soll. Auch hier bemühen sich die Imker um ein Herkunftszertifikat, dass einerseits den Honig aus Gran Canaria vor unlauterer Konkurrenz schützen und andererseits bei der Vermarktung des edlen Naturprodukts helfen soll. Schon im kommenden Jahr soll das spanische Zertifikat auf die Gläser mit Honig aus Gran Canaria geklebt werden dürfen, die europäische Urkunde wird dann auch nicht mehr lange auf sich warten lassen, hoffen die Imker.

Die Familie Florido sieht dem amtlichen Qualitätssiegel gelassen entgegen. Sie wissen, dass ihr Honig pro-blemlos die Anforderungen erfüllt. Es ist aber sicherlich von Vorteil, wenn eine unabhängige Institution über die Qualität wacht, weiß man auch bei Colmenar Florido.

„Reich werden können wir mit dem Honig nicht“, gibt sich Carmen Rosa realistisch. Außer dem Vater, der sich weil er schon in Pension ist, ganz der Imkerei widmen kann, gehen die anderen Familienmitglieder bürgerlichen Berufen nach. „Es ist eine schöne Arbeit“, stellt Carmen Rosa klar. Auch wenn hin und wieder eine Biene mit einem Stich ihr Revier verteidigt. „Aber wenn dann der fertige Honig gekostet wird, wenn unseren Kunden das Wasser im Mund zusammenläuft und wenn das Jurymitglied, ohne dass es weiß, von wem der Honig stammt, unseren Produkten die Höchstnote gibt, macht uns das alle stolz!“

Die Qualität im Hause Florido kommt natürlich nicht von ungefähr. „Wir verwenden nur bestes, unbehandeltes Holz für die Waben, wir vertreiben die Bienen nicht mit Rauch, wie es oft üblich ist, denn das schmeckt man später, wir siedeln die Stöcke so wenig wie möglich um und wir lassen unseren Honig regelmäßig in einem Labor in Valencia untersuchen“, zählt die junge Imkerin auf. Die Auflistung gewonnener Preise auf den Etiketten beweist, dass sich die Mühe lohnt.

Wo gibt‘s den Honig?

„Wo können wir denn den preisgekrönten Honig kaufen?“ fragen wir im Namen unserer Leser. „Hier natürlich“, lacht Carmen Rosa. Hier, das ist in Lomo Magullo, Calle Francisco Suárez Rivero 40, Telefon 928 131 355.

Das Naturprodukt wird auch auf den Bauernmärkten in Maspalomas, Vecindario und Arucas angeboten, ab September auch auf dem neuen Bauernmarkt in Puerto Rico. Wer nicht bis zum Bauernmarkt am Wochenende warten will, auf dem Markt in Telde gibt es den Honig immer vormittags außer am Sonntag zu kaufen.

Neben dem Honig werden meist auch weitere Produkte aus den Bienenstöcken angeboten. Pollen, Propolis, Gelee Royale, Honigessig und nicht zuletzt der Honigwein, der hier als „Hidromiel“ bezeichnet wird. Alles Produkte, die nicht nur hervorragend schmecken, sondern auch gut für die Gesundheit sind.

Herkunftsbezeichnungen der EU

Es gibt drei Zertifikate oder Qualitätssiegel die die geographische Zuordnung eines Lebensmittels schützen:

1. Geschützte Ursprungsbezeichnung, in Spanien DOP (Denominación de Origen Protegida): Dieses bezieht sich auf die Herstellung und Verarbeitung eines Produkts in einem Gebiet nach einem anerkannten Verfahren. Auf den Kanaren dürfen viele Weine, mehrere Käsesorten und bald auch der Honig aus Teneriffa dieses Siegel führen.

2. Geschützte geographische Angabe, in Spanien IGP (Indicación Geográfica Protegida): Um dieses Zertifikat zu erhalten, genügt es wenn eine der Herstellungsstufen in der betreffenden Herkunftsregion stattfindet. Der Ronmiel de Canarias, der kanarische Honigrum, ist ein Beispiel für diese Herkunftsbezeichnung.

3. Garantiert traditionelle Spezialität, in Spanien ETG (Especialidad Tradicional Garantizada): Es bezieht sich nicht auf die Herkunft des Produkts, sondern auf eine spezielle traditionelle Herstellungsart oder Zusammensetzung. Auf den Kanaren gibt es kein Produkt mit diesem Siegel, in Spanien darf der Serrano-Schinken damit geschmückt werden.