Ausgabe Nr.
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J M upload 29.08.2018, Viva Edition 124 | Print article

Strandarena feiert 10-jähriges Jubliläum: Peter Beckmann im Gespräch

Es gibt einige wenige Kneipen von ausländischen Besitzern, die sich über Jahrzehnte auf den Kanaren gehalten haben. Eine davon ist die Kult-Sportkneipe Strandarena am Anexo II, die der aus Gelsenkirchen stammende Deutsche Peter Beckmann vor zehn Jahren eröffnet hat.

Wie aus einem Jahr über dreißig wurden

Begonnen hat die „Ehe“ mit der Sonneninsel allerdings schon im Jahr 1983, als der damals 23-jährige mit seinem besten Kumpel für ein Jahr auswanderte. Auslandserfahrung sammeln und sich Sprachkenntnisse aneignen waren die damaligen Argumente dafür. Sechs Jahre lang lief es ganz gut mit ihrer eigenen Kneipe Paraiso Maspalomas und über zwei Jahre die Köpi Kneipe in Las Palmas. Aus familiären Gründen musste sein Freund wieder zurück in die Heimat. Peter wollte es sich selbst beweisen, dass er es auch ganz alleine schaffen könne.

Ich besuchte ihn vorigen Donnerstag am frühen Nachmittag. Und obwohl noch gar kein Spiel lief waren viele Gäste da und es herrschte eine gute Stimmung vor. Peter stand, wie so oft, hinter der Bar und bediente den „heiligen Bierzapfhahn“. Da darf nichts falsch laufen, denn zu wenig Schaum oder noch schlimmer, zu wenig Bier, würden Schimpf und Schande bringen. Das ist eine der Lektionen, die der Gastronom im Laufe von Jahrzehnten in der Gastronomieerfahrung gelernt hat und darauf legt er höchsten Wert.

Die Kneipe ist meine Welt

Wir suchen ein Plätzchen, wo wir uns ein wenig ungestört unterhalten können, bis schließlich als dritte Gesprächsstation ein Stehtisch frei wird. Sein Team eilt flotten Schrittes hin und her, zwischen Bar, Küche und Gästen. Dabei haben sie immer einen netten Spruch auf den Lippen, der die Gäste nicht selten zu einem Schmunzeln oder Lachen animiert. Es ist eine Atmosphäre wie in einem Wohnzimmer unter Freunden. 

Den Satz ‚ungestört unterhalten‘ muss ich allerdings revidieren, denn fast im Minutentakt werden wir unterbrochen. Und obwohl Peter aufmerksam meinen Fragen lauscht und sie beantwortet, blickt er mit Argusaugen auf alles und jeden in seinem Laden. Peter hat immer alles im Blick und meistens auch im Griff, ohne dabei die Nerven über Bord zu werfen. Das ist ja schlimmer als Redaktionsschluss bei Viva Canarias, denke ich mir, nur, dass es hier tagaus tagein so ist. Ich spreche ihn darauf an und ziehe anerkennend und voller Respekt meinen imaginären Hut mit den Worten: „Du bist der lebende Beweis, dass das Klischee, Männer seien nicht zu Multitasking fähig, falsch ist. Wie managst du das bloss ohne die Nerven zu verlieren.“ 

Daraufhin lacht er – ich will nicht sagen gequält – und meint: „Deswegen ist mir mein jährlicher mehrwöchiger Urlaub so wichtig, damit ich abschalten und dem Treiben kurzzeitig entrinnen kann. Meine Frau Meli kommt aus Catagena de Indias in Kolumbien und so verbringen wir seit zehn Jahren unseren Urlaub dort bei ihrer Familie. Da taucht man in eine andere Welt ein und kann richtig abschalten. Es ist quasi wie eine Energietankstelle.“

Wieso der Schritt in die Selbständigkeit?

Auf diese Frage antwortete mir der geborene Wirt: „Nach meinen ersten Kneipenerfahrungen auf Gran Canaria versuchte ich es in einem anderen Bereich und eröffnete in Arinaga ein Fitnessstudio, das sogar heute noch existiert. Aber mit der Zeit habe ich erkannt, dass es nicht meins ist. Es ist mir zu langweilig und ich brauche den direkten Kontakt zu den Menschen. Und so ging ich wieder zurück in das Metier, das mir lag“, erläutert Peter und fährt fort: „Ich war von 1992 bis 1998 Geschäftsführer in der damaligen Malibu Spilunke hier am Anexo und anschließend fast zehn Jahre lang beim legendären Blauen Engel, ebenfalls am Anexo. Dort habe ich mich sehr wohl gefühlt und war zufrieden. Es war einfach ein Zufall, dass ich das Angebot erhielt das Vorgängerlokal der heutigen Strandarena zu übernehmen. 

Diese Chance der Selbständigkeit wahrzunehmen ließ mich nicht mehr los.  Also entschloss ich mich diesen Schritt zu wagen. Ich war mit 47 Jahren noch jung genug, um es zu probieren und gleichzeitig hatte ich viele Jahre Gastronomieerfahrung. Ich wusste genau, was die Deutschen gerne essen und was sie möchten. Ein weiteres Argument war, dass mich im Laufe dieser langen Zeit viele Leute kannten, quasi mein Joker. Denn ich bin schließlich seit 1992 am Strand und hoffte, dass der eine oder andere Gast zu mir kommen wird.“

Peter‘s Schmankerl (um es bayerisch zu formulieren) sind aber nicht nur bei den Deutschen sehr beliebt, sondern auch bei uns Österreichern und sogar die Spanier entdecken die leckeren Würstel in allen Variationen (Brat-, Currywurst & Co). Die Fleischpflanzerl bzw. Buletten sind begehrt und legendär sind seine Suppen. Die sind einmalig auf Gran Canaria und da lässt sich der Wirt immer wieder herzhafte Kreationen einfallen (Feuertopf etc.) - sind eher wie herzhafte Eintöpfe. Samstags gibt es zudem die beliebten Mettbrötchen, die er sich von einem Metzger auf der Avda. Tirajana frisch zubereiten lässt. Natürlich fehlen nicht Salate (z. B. Kartoffelsalat) und andere Beilagen, die man zwischendurch verspeist. Ich kann Ihnen alles empfehlen (mehrmals probiert). Und darüber hinaus sind die Preise für die gebotene Qualität der Schmankerl unschlagbar günstig (zwischen 2,50 und 9 Euro). 

10 jahre strandarena

Vor fast genau zehn Jahren, also konkret am 13. Oktober 2007, eröffnete Peter schließlich seine Strandarena mit anfänglich drei Mitarbeitern. Das war eine nervenaufreibende Zeit und die ersten Wochen, nein Monate, hat er kaum geschlafen, wie ich erfuhr (und das kenne ich auch aus meiner eigenen Erfahrung). Man weiß als Selbständiger nicht, wie es angenommen wird und muss auf volles Risiko gehen. Ein weiterer Zufall führte dazu, dass Peter eineinhalb Jahre nach der Eröffnung auch das Nachbarlokal übernommen konnte, nein musste. Es war die richtige Entscheidung, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. 

Schalke - das lebe ich

Wer die Strandarena kennt, der kommt um Schalke nicht umhin. Es gibt kaum einen Quadratzentimeter auf den Wänden und Decken, wo nicht ein Foto, Zeitungsausschnitt, Schalke-Fanschals etc. hängt. Es lohnt sich die vielen Fotos zu betrachten und man fühlt sich fast wie in einem Schalke-Museum. Ich spreche Peter darauf an, der mit glühendem Herz und leuchtenden Augen ins Schwärmen gerät: „Das bin ich und jeder, der mich kennt weiß, dass ich ein glühender Schalke-Fan bin. Die meisten dieser Accessoires und Fanartikel hatte ich bereits und so schloss sich die Lücke hinsichtlich der Dekoration des Lokals von ganz allein. Ich habe bis zum 22. Lebensjahr selbst Fußball, allerdings in der Kreisklasse, gespielt. Man hat aber mein Talent nie entdeckt“ schmunzelt er mich an. Es klingt einleuchtend, dass es sehr schwierig ist, es in die Fußball-Bundesliga zu schaffen. Zumindest aber hat Peter bis zu seiner Auswanderung keines der Schalke-Spiele versäumt. Heute ist das leider ganz anders wie er es mir gegenüber mit wehmütigem Herzen äußert: „Es reicht pro Jahr für eine Handvoll Spiele, die ich live im Stadion sehen kann.“

Bei Übertragungen von Schalke-Spielen ist die Stimmung unbeschreiblich. Das muss man einfach mal erlebt haben. Ob es das Motto „Einmal Schalker, immer Schalker“ ist, das hier gelebt wird oder die Mischung aus Qualität und Gemütlichkeit, ist schwer zu beurteilen. Durch die Stehtische mit den vielen Barhockern ist eine gewisse Kommunikation unter den Gästen fast garantiert. Es wird gesungen, gelacht etc. 

Gab es jemals Reue ausgewandert zu sein?

„Ich kann nicht sagen, ob ich es bereue aus Deutschland weggegangen zu sein, denn ich weiß ja nicht, wie es gewesen wäre dort zu bleiben. Was ich am meisten an meiner Heimat vermisst habe, besonders in den Anfangsjahren, war meine Familie und die Spiele. Ich versäumte praktisch kein einziges Schalke-Spiel. Jetzt ist es kaum möglich und geradezu Luxus, wenn ich es schaffe mich hier loszueisen. Und auch die Freundschaften in einer Touristengegend zu pflegen ist wirklich schwer. Besonders gefehlt hat mir auch das aktive Fußballspielen und alles rundherum. Es ist ein Mannschaftssport und das Zusammengehörigkeitsgefühl hört nach dem Abpfiff des Spiels nicht einfach auf. Es ist eine Gemeinschaft, man trifft sich auch außerhalb und auch die Familienmitglieder zählen irgendwie dazu.“

Heute scheint Peter, trotz all des Stresses, angekommen zu sein. Obwohl er es geschafft hat, lässt er sein ‚Baby‘ nicht aus den Augen und kümmert sich um alle wichtigen Dinge selbst. Er schließt unser herzlich offenes Gespräch mit folgenden Worten ab: „Es gibt Leute, die mag man einfach und ich freue mich dann immer, wenn sie kommen. Man weiß dann schon, wer im Oktober, wer im November etc. kommt und das ist dann wie ein großes Familientreffen mit Leuten, mit denen man auf einer Welle schwimmt. Man ist aber auch traurig, wenn sie wieder weggehen. Damit muss man dann fertig werden und das ist gar nicht immer so leicht. Zum Glück kommen sie und auch unsere Familie jedes Jahr“.

Und eine kleine Anekdote zum Ende. Auf die Frage was es mit der „kleinsten Arena auf Gran Canaria“ auf sich hat? Diese Frage können die Herren beantworten nach ihrem Besuch des stillen Örtchens (Schmunzeln garantiert).

Julija Major

Kontakt

Strandarena
Direkt an der Strandpromenade (unweit McDonalds), Local 19 am Anexo
Playa del Inglés, Gran Canaria
Geöffnet. Täglich ab 10.00 Uhr, open End
Tel.: 928 730 303