Ausgabe Nr.
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J M upload 07.08.2018, Viva Edition 140 | Print article

Weinmacher Gabriel Morales Francés über den Boom bei kanarischen Weinen

Die kanarischen Weine sind international auf dem Vormarsch, trotz der überaus kleinen Mengen, die hier aufgrund der geringen Flächen produziert werden. Wir trafen uns mit Weinexperte und Weinmacher Gabriel Morales Francés aus La Laguna auf Teneriffa, um mehr darüber zu erfahren. Gabriel Morales Francés (siehe Foto rechts) wurde 1972 in La Laguna auf Teneriffa geboren, wo er an der dortigen Universität Agrarwissenschaften studierte (1997). Er promovierte im Anschluss im Jahr 1999 an der Universität in Madrid machte anschließend seinen Master im Weinanbau, der Vermarktung und der Önologie absolvierte. Letzterer Studienbereich befasst sich mit dem Keltern und dem Reifen des Weins (Ausbau) und dem gesamten Prozess der Weinherstellung. Der Einfachheit halber werden wir in Folge den Begriff Weinmacher verwenden. Auslandserfahrung sammelte Gabriel u. a. bei einem Praktikum in Neuseeland. Kennengelernt haben wir ihn bei einem privaten Dinner bei Prof. Justus Frantz wo er neuerdings die Betreuung der Weinreben der Finca Justus Frantz übernommen hat, doch dazu später.

Gabriel betreut als Experte einige Bodegas mit ursprungsgeschützten Weinen auf den kanarischen Inseln sowie auf dem Festland, wie z. B. El Grifo auf Lanzarote, Sierra de Guara Somontano (Huesca), Domínguez Cuarta Generación in Tacoronte oder Hoyos de Bandama (siehe Kasten).

Weine mit spezifischen Charakteristika

Wie eingangs erwähnt, begann die internationale Weinwelt vor einigen Jahren die kanarischen Weine für sich zu entdecken, wobei wiederentdeckt die richtige Formulierung wäre. Besonders in den USA, Großbritannien, Hong Kong bzw. China genießt man die hiesigen edlen Tröpfchen, wie wir erfahren und Gabriel führt aus:  

„Internationale Weinwettbewerbe sind zwar wichtig, aber eine viel größere Bedeutung haben Artikel in Fachzeitschriften, die von Kennern für Kenner geschrieben werden. Immer häufiger wird über die kanarischen Weine geschrieben, denn sie haben ganz spezifische Charakteristika und mannigfaltige Geschmacksnuancen. 

Weine vom Norden der Insel schmecken mitunter ganz anders als jene im Süden und dazu ist der Geschmack von Insel zu Insel unterschiedlich. Das semi-tropische Klima ist nur ein Faktor, der von mikroklimatischen Bedingungen beeinflusst wird, wie z. B. Ausrichtung des Hangs, die Höhenlage und die Beschaffenheit des vulkanischen Bodens. Und das wohl wichtigste Kriterium für guten Wein sind die Reben, die auf den Kanarischen Inseln auf eine jahrhundertelange Geschichte zurückblicken können. Aufgrund der geografischen Lage des Archipels im Schnittpunkt zwischen Afrika, Europa und Amerika und natürlich aufgrund der jahrhundertelangen Bedeutung in der Schnittlage der Seefahrer wurden die Reben aus der ganzen Welt eingeführt.“

Weingeschichte

Weine von den Kanarischen Inseln waren einst an den europäischen Höfen heiß begehrt, besonders die süßen Sorten. Die Vermarktung bzw. der Export lag lange Zeit fest in britischer Hand. Schon Shakespeare soll über die hiesigen Tropfen namens „Canari“ geschrieben haben, dass sie Lebensfreude versprühen und das Blut versüßen (OT. alegra la vida y perfume la sangre)“, sagt der Weinexperte.  Angeblich sandte der normannische Eroberer Jean de Bethencourt, der eine sehr gute Beziehung zum russischen Zaren hatte, diesem jedes Jahr zwei Fässer mit Weinen aus La Orotava.

Die Bodega El Grifo auf Lanzarote stammt aus dem Jahr 1775. Sie ist die Älteste auf dem Archipel und rangiert zudem unter den ältesten zehn Spaniens.

Der Weinkatastrophe entflohen

Etwa um 1870 verwüstete die Reblaus (phyloxera) fast den kompletten Weinanbau in Europa. Dieser Schädling tötete die Wurzeln ab. Als Folge importierte man Reben aus der ganzen Welt und kreuzte die Sorten, um die Stöcke resistent gegen einen weiteren Befall zu machen. Nur einige wenige Parzellen auf der Welt blieben von diesem Befall verschont. Dort wachsen noch heute die originären Sorten. Glücklicherweise keinen Schädlingsbefall hatte beispielsweise Chile, das durch die Atacama Wüste im Norden, dem Ozean im Westen und den Anden im Osten territorial isoliert war. Weitere Weinreben überlebten in Australien, in Montalcino und in der Umgebung vom Ethna (Italien) sowie der Riesling aus der Mosel-Region in Deutschland. 

Und nicht zuletzt regierte Göttin Fortuna damals auch auf den Kanarischen Inseln. Gabriel erläutert: „Trotz der kleinen Fläche hat eine große Anzahl an Sorten überlebt, geschätzt sind es heute um die 200 verschiedene Trauben. In den Bodegas werden allerdings letztenendes zwischen 20 bis 30 Variationen angeboten, eine Kuriosität und Weinkenner aus der ganzen Welt schätzen das.“

Was ist das Rezept für guten Wein?

Gabriel erläutert sein Geschäftsmodell: „Ein Eigentümer einer Bodega muss Interesse haben guten Wein zu machen, denn es ist eine komplizierte Wissenschaft und es ist teuer. Leider hat die heutige Jugend oftmals kein Interesse den landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen und es zieht sie mehr in den Tourismus. Der Weinanbau ist zudem sehr anstrengend und arbeitsintensiv. Wenn man nicht selbst das Know-how für exzellenten Wein hat, dann muss man sich es besorgen. Dafür sind wir Weinmacher da. 

Wir unterstützen mit unseren Dprovit-Projekten die Weinbauern, je nachdem was benötigt wird. Das hängt von der Größe der Anbaufläche und den angestrebten Qualitätszielen ab. Die Anschaffung der teueren Geräte zahlt sich in den hiesigen Regionen erst ab einer Produktionsfläche von etwa 30 Hektar aus. Daher bieten wir modulare Pakete an und beraten, z. B. beim Anbau, bei der Montage der Spaliere für die Reben etc. Wir können auch Erntemitarbeiter zur Verfügung stellen und natürlich auch die notwendigen Geräte. Derzeit betreuen wir um die 60 Weinbauern auf Teneriffa und Gran Canaria.

Projekt Tandem

Gabriel stellt uns sein jüngstes Projekt vor: „Meine Frau Loreto Pancorbo und ich haben vor zwei Jahren mit „Vinos en Tandem“ begonnen, bei dem wir auf einer unserer Parzellen in Tacoronte und Los Realejos auf Teneriffa den Wein nach traditioneller Methode anbauen und produzieren, d. h. ohne Zuhilfenahme von Maschinen oder dem Einsatz von Dünger etc. Die Weine lagern in Eichenfässern und Tonkrügen. Die Produktionsmenge liegt bei 5.000 b jährlich.

Eine Präferenz bei seinen betreuten Bodegas hat Gabriel keine, denn sie seien wie seine Schüler. Man muss die Reben acht bis neuen Monate pflegen, sie hüten und laufend auf die Sprünge helfen, bis sie sich gute entwickeln und einen optimalen Geschmack entwickeln“, sagt er. Die Wachstumsphase nimmt den größten Einfluss auf die Qualität des Weins ein und besonders kritisch sind die Monate Mai, Juni und Juli.

Siehe auch

Weinproduktion auf den Kanaren - Wissenswerte Fakten

Kanarische Weine auf dem Vormarsch – Weinanbau einst und heute

Bodegón Vándama - Wein am Vulkankrater