Ausgabe Nr.
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J M upload 31.10.2020, Viva Edition 169 | Print article

Top 5 Archäologieausflüge auf Gran Canaria

Mit über 1.100 erfassten archäologischen Fundstellen auf Gran Canaria führt die Insel den Archipel an. Mehr als die Hälfte davon verteilt sich alleine auf das Gemeindegebiet von Tejeda, im Herzen der Insel. Danach folgen Artenara, Agaete und Gáldar. Zugegeben, viele davon sind eher unspektakulär und für Laien als archäologische Fundstelle auf den ersten Blick gar nicht erkennbar, wären sie nicht eingezäunt und beschildert. Dafür gibt es andere wiederum, die beeindrucken und wertvolle Einblicke in die Welt der indigenen Bevölkerung bieten, obwohl es noch immer einiges zu enträtseln gibt.

Manche sogenannten „yacimientos“ haben ein angeschlossenes Informationszentrum, das wissenswerte Hintergrundinformationen bietet. Andere bestechen zusätzlich durch fulminanten Ausblicken, die alleine schon einen Besuch rechtfertigen. Manchmal lohnt sich ein Besuch sogar doppelt, wenn man ihn mit Abstechern zu weiteren Sehenswürdigkeiten kombiniert. Für sportliche Erkundungswillige unter Ihnen, gibt es auch jene, die nach einer anspruchsvollen Wanderung erreichbar sind. Sie sehen also, für jeden Gusto bietet die hiesige Auswahl an archäologischen Fundstellen  das Passende.

Wir haben alle besucht, mehrmals. Reich bebildert, haben wir über viele Plätze umfassend geschrieben und diese auf unserer Webseite www.viva-canarias.es zur Verfügung gestellt (Anm.: und hier verlinkt).

Aus diesem Grund finden Sie bei jeder unserer Top 5 Empfehlungen einen entsprechenden QR-Code. Die Auswahl der sehenswertesten archäologischen Fundstellen haben wir allerdings auch unter der Prämisse gefällt, ob diese frei zugänglich und geöffnet sind. Aufgrund der aktuellen „neuen Normalität“ haben nicht alle geöffnet.

Risco Caído (1)

Am 7. Juli 2019 erklärte die UNESCO die archäologische Kultstätte der Altkanarier zum Weltkulturerbe, die Einzige des Archipels. Es handelt sich um eine Art Tempel (almogarén), den die indigene Bevölkerung im Einklang mit astronomischen Phänomenen und Zyklen für religiöse Riten verwendete.

Eigentlich umfasst es mehrere Höhlen (Sierra Bentayga, Acusa Seca, Risco Chapín und Risco Caído). Letztere ist einzigartig. Vom 21. März bis zum 21. September erzeugen die eintretenden Sonnenstrahlen eine besondere Projektion an der gegenüberliegenden Wand. Die Licht/Schattengestalt zeigt eine Figur, ähnlich einem Samen, der mit Fortlaufen des Sonnenstands am Ende eine schwangere Frau darstellt.

Die Inselregierung plant eine touristische Erschließung, auch der umliegenden Dörfer. Artenara hat beispielsweise bereits ein Interpretationszentrum eröffnet. Fazit: Diese archäologische Fundstelle ist nur zu Fuß erreichbar (Rundtour vom Höhlendorf Artenara mit einer Länge von etwa 3,5 km), belohnt dafür mit dem spektakulären Panoramablick.

Tipp: Die Reiseführerin Sofie Hendrikx bietet regelmäßig geführte Wanderungen in kleinen Gruppen nach Risco Caído (siehe QR-Code) an. Risco Caido „Entdeckter Tempel“ sowie Risco Caído - seit 7. Juli 2019 UNESCO Weltkulturerbe

La Fortaleza (2)

Hoch oben auf einem Basaltmassiv, umgeben von der tiefen Schluchten von Tirajana, ragt ein an eine Festung anmutender Felsen empor: La Fortaleza. In den vergangenen drei Jahren wurden dort weitere archäologisch bedeutsame Funde gemacht, weshalb hiesige Wissenschaftler vermuten, es könnte sich um die wichtigste Ansiedlung der Altkanarier gehandelt haben. Aktuell wird eine alte Steinsiedlung am Fuß der Felsformation freigelegt. In schwindelerregender Höhe am Dach von La Fortaleza wurden interessante Entdeckungen gemacht, wie z. B. Opfer- und Kultplätze. Dieser Bereich ist derzeit nur den Archäologen vorbehalten, wäre aber ohnehin nur als geübter Kletterer mit entsprechender Ausrüstung zu meistern.

Anders verhält es sich mit den Tunnel, der durch die Formation führt, dem einstigen Versammlungsplatz, und einen 10-minütigen Rundgang auf einem Trampelweg rund um La Fortaleza ermöglicht. Am östlichen Ende blickt man auf die umliegenden Formationen Fortaleza Grande und Fortaleza Chica. Ein interessantes Informationszentrum befindet sich in unmittelbarer Nähe dieser archäologischen Fundstelle, wo derzeit noch die Sonderausstellung „El tiempo perdido“ läuft. Siehe Die Verlorene Zeit - Sonderausstellung in La Fortaleza sowie Spektakuläre Archäologiefunde bei La Fortaleza

Cenobio de Valerón (3)

Eine Fahrt entlang der Nordküste von Gran Canaria ist ein Augenschmaus, denn hier herrschen ständig die Passatwinde vor und sorgt für eine starke Gischt. Unweit des Dorfes Santa María de Guía befindet sich die Höhlenformation Cenobio de Valerón, der einstigen Kornkammer der indigenen Bevölkerung. Die Altkanarier mussten einen Teil der Ernte für die Allgemeinheit zur Verfügung stellen, die zentral verwaltet wurde und im Krisenfall gute Dienste leistete. Neben Überreste von Nahrungsmitteln wurden auch kleine sog. „pintaderas“1) entdeckt, eine Art Besitzmarken der Altkanarier und man vermutet, dass damit der Besitz gekennzeichnet wurden.

Die Lage von Cenobio de Valerón war strategisch ideal gewählt, hinsichtlich möglicher Regenfälle, aber auch zum Verteidigen bei eventuellen Übergriffen. Am 14. Oktober 1978 wurde diese archäologische Fundstelle zum kulturellen Interesse (BIC - Bien de Interés Cultural) erklärt. Diese wurden touristisch aufgearbeitet, mit Informationstafeln, Treppen und Handläufen, die eine Besichtigung erleichtern. Bei wolkenlosem Himmel blickt man hier auf den Küstenstreifen im Norden der Insel. Siehe Cenobio Valeron - Kornkammer der Altkanarier

Roque Bentayga (4)

Diesen „heiligen Berg“ der Altkanarier besuchten wir Ende September und ist ebenfalls ein bedeutender Kultplatz im Herzen der Insel. Diese ist von drei unabhängigen, in einer Linie positionierten Felsformationen, die vor allem religiösen Riten für die Fruchtbarkeit oder für Regen dienten. Die weiteren dienten als Behausung bzw.  zur Viehhaltung (Cuevas del Rey) oder als Begräbnisstätte (Roque del Camello).

Eingebettet im Barranco de Acusa und Artenara erhebt sich diese Felsformation bis auf eine Höhe von 1.414 Metern und dominiert die Umgebung. Ein Interpretationszentrum am Fuß des Felsen liefert Hintergrundinformationen und dort startet auch der kurze Aufstieg zum kleinen Plateau. Oben angelangt beeindruckt der sensationelle 360 ° Rundumblick auf die umliegende Landschaft, Bergkämme und Dörfer.

Fazit: Der Besuch ist ein Mix aus Archäologie und kurzer Wanderung, bei der sie sich nicht verirren können. Allerdings sollten Sie trittfest und vor allem schwindelfrei sein. Der Ausflug zum Roque Bentayga lässt sich ideal mit einem Abstecher ins Bergdorf Tejeda kombinieren, das nach umfassenden Renovierungsarbeiten noch schöner geworden ist. Tejeda wurde offiziell zu einem der schönsten Dörfer Spaniens gekürt. Siehe Roque Bentayga - am heiligen Berg der Altkanarier

Cuatro Puertas (5)

„Die vier Pforten“ heißt die archäologische Fundstelle auf einem Hügel in 319 Metern Höhe, der zwischen Ingenio und Telde liegt. Die große, teils künstlich angelegte Höhle mit den vier Öffnungen, ist in vielen Reiseführern das Ziel der Begierde. Sie soll Residenz des einstigen Herrschers (Faycan) von Telde gewesen sein. Dabei wurden diese Höhlen in großem Maßen künstlich von der indigenen Kultur Tkanarén auf Gran Canaria angelegt.

Beeindruckender finden wir die miteinander verwobenen Höhlenverbindungen am rückwärtigen Teil dieses Hügels, der über einen Trampelpfad nach wenigen Minuten erreicht werden kann. Der Ausblick dieser im Osten von Gran Canaria liegenden Fundstelle reicht bis zur Küste. Diese wurde vielseitig verwendet, wie z. B. zur Tierhaltung und als Lager. Eine Abzweigung führt wenige Meter hoch zum Gipfel dieses Hügels, wo Einritzungen im Felsen Zeugnis über für die einstigen Riten, die hier zelebriert wurden, ablegen. Siehe Ausflug in die Vergangenheit: Die vier Pforten "Cuatro Puertas"

Diesen kurzweiligen Ausflug würden wir mit einem Besuch der Altstadt von Telde, die sich nur vier Kilometer entfernt befindet. Viel Spaß!

Julija Major

Siehe auch

Archäologiepark von Ansite im Valle de Fataga

Archäologiewanderung: Hombre de Guayadeque und Morros de Ávila am Montaña de Agüimes