Ausgabe Nr.
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J M upload 27.02.2019, Viva Edition 149 | Print article

Valsequillo im bunten Frühlingskleid

Nachdem uns die herrlichen Mandelbäume mit ihrer zartrosa Blütenpracht bis Mitte Februar ins Schwärmen versetzten macht sich nun der Frühling in all seinen mannigfaltigen Facetten breit. Ein Blütenmeer übersät die Wiesen und Felder und sorgt für ein hoch gepriesenes und zugleich unbeschreiblich schönes Farbenspiel in Valsequillo.

Die kleine Gemeinde im Herzen der Insel verdient eine besondere Erwähnung, denn nicht ohne Grund führen zehn ausgeschilderte Wanderrouten durch das Gebiet. Enorme Höhenunterschiede sorgen für eine besonders große Artenvielfalt an Pflanzen. Eine Besonderheit nun im März und April sind die wundervoll blau blühenden endemischen Natternköpfe (bot. Echium callithyrsum), die von malerischen Landschaften und spektakulären Panoramen gesäumt werden. Aus diesem Grund organisiert die Gemeinde drei geführte Wanderungen in dieses Gebiet - siehe Kasten. Auch der Gastbeitrag von Autor Rolando G. Suárez präsentiert Ihnen in dieser Ausgabe das kaum bekannte Kleinod Presa de Las Cuevas Blancas (siehe Bericht auf Seite 12).

Valsequillo, einst Teil des „Königtums Telde“

Valsequillo war einst die höchst gelegene Zone des ‚Königtums Telde‘ (Faycanato) und hatte einen wichtigen religiösen Stellenwert bei den Altkanariern. Einstige Wohnhöhlen wurden im Barranco de San Miguel, konkret in Tecén und Los Llanetes, lokalisiert. Namensgeber beider Höhlen waren die einstigen Anführer des Widerstands, die gegen die kastillianischen Eindringlinge kämpften und bekannter Weise verloren. Bereits 1530 wurde in dieser Gegend ein Gefängnis errichtet (El Cuartel de El Colmenar) und für den hochkatholischen Unterwerfungsprozess der damaligen Zeit durfte natürlich die religiöse Präsenz nicht fehlen. Die 1670 errichtete Kapelle wurde im Jahr 1800 zu einer dem Schutzheiligen San Miguel gewidmeten Kirche umgebaut. Damit war der Grundstein gelegt, um das seit vielen Jahrzehnten andauernde Bestreben nach Loslösung von der Gemeinde Telde zu realisieren.

Am 12. März 1802 wählten schließlich 24 Vorstände ihren ersten Bürgermeister der nunmehr eigenständigen Gemeinde Valsequillo.

Angenehmer Kurztrip - ohne „Stop and Go“

Ein Ausflug in die schmucke Stadt Valsequillo ist immer empfehlenswert, denn dieser ist nicht mit endlosen Serpentinen und einem großen Zeitaufwand verbunden. Damit brillieren Sie bei ihren Freunden und der Familie und zudem können Sie den Besuch extrem vielseitig kombinieren, z. B. mit einer Wanderung oder einem Stop im historischen Stadtteil San Francisco von Telde auf der Rückfahrt etc.

Nehmen Sie die Autobahnabfahrt Telde, durchfahren die Stadt und dahinter weist ein Schild schon auf die GC-41 nach Valsequillo. Von Maspalomas aus benötigen Sie dafür etwa vierzig Minuten glückseliges Fahren (vorausgesetzt, Sie machen nicht so viele Zwischenstopps wie ich). Während Sie auf sanften Hügel gemächlich in höhere Gefilde dieses weitläufigen Beckens fahren, scheinen am Horizont die imposanten Bergformationen im Landesinneren näher zu rücken. Nach jeder Kurve bietet sich ein wunderbarer Ausblick auf den ‚Fleckerlteppich‘ der in Terrassen bewirtschafteten Felder, die blühenden Wiesen und Schluchten und dabei flankieren sie majestätische Lorbeerbäume.

Die Minialtstadt von Valsequillo

Und kurz vor der Einfahrt zur Stadt war es für uns sehr schwer, den leuchtenden reifen Orangen, die verlockend an den Ästen hingen, zu widerstehen - glauben sie mir!

Ein kurzer Spaziergang durch die idyllische ‚Altstadt‘ lässt sich im Müssiggang binnen zwanzig Minuten bewältigen. Es ist kaum zu fassen, dass dieses ‚Valsequillo Casco‘ tatsächlich eine Hauptstadt ist, aber sie umfasst tatsächlich alles, was man erwarten würde: eine Kirche, ein Rathaus, ein Kulturzentrum, ein Touristeninformationsbüro und sogar ein eigenes Radio und es versprüht diesen herzlichen kanarischen Charme in dem die Zeit ein wenig langsamer ‚läuft‘. Mittelpunkt in der Altstadt ist natürlich die Kirche, die man aufgrund der gigantischen zwei Fikusbäume und der Pinie leicht übersehen kann (siehe Foto unten).

Land & Leute

Die Bevölkerung wuchs allmählich und verdoppelte sich von 3.210 zur vorigen Jahrhundertwende auf 6.261 im Jahr 1950. Die kleinen, zum Teil nur wenige Häuser umfassenden Ansiedlungen, sind Tenteniguada, Las Vegas, La Barrera und die ‚Hauptstadt‘ Valsequillo. Ab 1950 begannen die Bewohner vornehmlich in die Küstenzonen im Osten und Süden zu emigrieren, um in Tomatenplantagen und anderen landwirtschaftlichen Betrieben zu arbeiten.

Mit dem aufkeimenden Tourismus Ende der 1960-er Jahre wurde zudem das Bauwesen ein wichtiger Beschäftigungssektor.  Von 1981 bis 1991 stieg die Einwohnerzahl wieder auf 6.467 und verzeichnete in den letzten Jahren einen kleinen Schub. Valsequillo zählt derzeit 9.407 Einwohner. Heute sind die Bewohner von Valsequillo primär als Angestellte und Arbeiter in den Bereichen Dienstleistung, Bau, Transport und als freie Mitarbeiter tätig.

Die Landwirtschaft war seit jeher von großer Bedeutung, allerdings hauptsächlich für den Eigenbedarf. Die Bewirtschaftung gestaltete sich aufgrund der geologischen Gegebenheiten schwierig und erfolgte, einst wie heute, in angelegten Terrassen (siehe Foto). Das erzeugt im Landschaftsbild einen charmanten bunten Gegend. Heutzutage wird die Landwirtschaft in den meisten Familien als Nebenerwerb betrieben, wobei die Agrikultur derzeit auch einen Modernisierungsprozess durchläuft, denn die Wasserversorgung für die Feldbewirtschaftung stellt nach wie vor die größte Hürde dar. Aus diesem Grund wurde vor einigen Jahren ein Konsortium für die zentrale und faire Verteilung auf die fünf Gebiete (Comunidades) gebildet. Derzeit ist der Bau von weiteren Weilern und Wasserleitungen geplant.

Erdbeerzeit - Valsequillo's 'fresas' nun überall

Angebaut werden Kartoffeln, Weizen, Gemüse, Mandeln und Erdbeeren. Die Tourismusabteilung der Gemeinde hat die süßen Fresas1) inzwischen als ein Markenzeichen der Gemeinde etabliert, ähnlich der Äpfel aus Valleseco oder dem ursprungsgeschützten Blütenkäse aus Santa María de Guía. Die süßen Früchtchen sind inzwischen weit über die Inselgrenzen hinweg bekannt. Auf einer Fläche von 36 Hektar werden jährlich etwa 2.000 Tonnen geerntet und zwar hauptsächlich der drei schmackhaften Sorten Camarrosa, Camino real und Sabrina. Auf Bauernmärkten, Wochenmärkten und in vielen Geschäften finden Sie jetzt Erdbeeren aus Valsequillo - köstlich!

Von Vieh und Pferd

Natürlich war die Haltung von Vieh für die Bauern, wie in vielen anderen Regionen auf Gran Canaria, relevant. Ziegen und Schafe sowie der damit verbundene Milchverkauf und die Käseproduktion sicherten das Einkommen. Die vielen Blüten locken naturgemäß die summenden Insekten und so spielt der köstliche Honig keine unwesentliche Rolle bei den Agrarerzeugnissen und auch Wein kommt aus dieser Region. Zudem hat Valsequillo eine jahrhundertelange Pferdetradition, die auf den eingangs erwähnten Wachposten zurückzuführen ist. Pferde waren Transportmittel und Lastentier, dienten aber auch dem allgemeinen Amüsement bei den beliebten Pferderennen während der Volksfeste. Während des Patronatsfests zu Ehren von Erzengel Michael gibt es den kuriosen Brauch der Teufelsnacht, die alljährlich Ende September zelebriert wird.2)

VIVA Tipp: Auf dem sonntäglichen Wochenmarkt von Valsequillo können Sie die regionalen Produkte verkosten. Marktzeiten von 8.00 bis ca. 13.00 Uhr.

Aussicht & Wermutstropfen am Mirador

Der Aussichtspunkt „Mirador de El Helechal“ befindet sich auf dem ‚heiligen Berg‘ nahe des gleichnamigen Hauptstädtchens. Ein Abstecher ist fast ein Muss, denn von hier oben überblicken Sie die Weiten der Gemeinde, von allen Seiten gleichermaßen verzaubernd und doch mit einem Wermutstropfen. An dieser Aussichtsplattform befindet sich ein rundes verkommenes baufälliges Häuschen. Ein Bediensteter der Inselregierung scheint dort nach dem Rechten zu sehen und die drei an der Kette festgemachten Hunde dienen der Sicherheit und werden scheinbar - sofern man uns die Wahrheit gesagt hat - nachts frei gelassen. Zumindest sind sie mit Futter und Wasser versorgt. Trotzdem finde ich es sehr schade, dass man diesem spektakulären Ort heutzutage nicht mehr Würdigung zuteil kommen lässt.

Wir wünschen Ihnen trotzdem ganz viel Spaß auf Ihrer Entdeckungsreise!

Vorschau: Teil 2

In unserem zweiten Teil in der nächsten Ausgabe Nr. 150 am 1. April 2019 werden wir Ihnen die zuvor erwähnte „Blaue Natternkopf“ Wanderung präsentieren.

Wanderungen Valsequillo - Blauer Natternkopf

Geführte Rundtouren durch die Hochburg des Blauen Natternkopfs. Start ist an der unter Naturschutz stehenden Caldera de Los Marteles auf 1.530 Meter. Schwierigkeit: Gering. Distanz: 3,4 km.

- 10. März, 17. März und am 24. März

Anmeldungen im Tourismusbüro:
turismo@valsequillo.info
Tel.: (+34) 928 705 761
Tel.: (+34) 659 311 777 (Nachm.)

Verweise
1)Viva Canarias Nr. 119 vom 5.5.2017 -  Erdbeerzeit auf den Kanaren - frische Fresas
2)Viva Canarias Nr. 143 vom 1.9.2018 -  „Teufelsnacht in Valsequillo“